Willkommen im Deckenparadies

Hallo meine Flauschehasen, da bin ich wieder. Nun da die Arbeiten rund um meinen neuen Paddock endlich fertig sind, kann ich euch wieder mit meinen Sonntagsbeiträgen erfreuen. Mittlerweile sind wir ja im tiefsten Herbst angekommen und das Herbstlaub strahlt in den schönsten Farben. Nur will es wohl kein goldener Oktober mehr werden, denn hüpfte ich vor einigen Wochen beim Paddockbau noch dank Sonnenschein im Trägertop durch den Stall, so bin ich nun dick eingemummelt in Regenjacke, Halstuch, Capy und Ohrenband. Aber bei dem frischen Wind und Regen möchte man sich ja nicht gleich in ein Bazillenmutterschiff verwandeln.

Und sind wir dick vermummt am Stall, bemerken wir das die Pferde sehr schnell an Plüschfell nachgelegt haben. Manche noch etwas zaghaft, aber die Ente zum Beispiel trägt samtweiches Flauschefell, in welches jeder seine Finger vergraben möchte. Beobachte ich also meine Bande am Stall, dann sehe ich eine zufriedene Herde. Eine die Plüschfell tragen darf, eine die rein und raus kann wie sie möchte, dank Offenstall. Und wenn sie panierte Schnitzel spielen wollen, dann ist auch das möglich.

Bin ich aber wieder Daheim und blättere bei einer Tasse heißem Kakao durch die Reitsportkataloge, dann möchte mich mein schlechtes Gewissen plötzlich auffressen. Denn dann springen sie mich an: Die Bilder der schönsten Pferdedecken!

Winterdecken, Abschwitzdecken, Regendecken, Reflektionsdecken zum Ausreiten und alle in den schönsten Kollektionen und sicher super flauschig. Und dummerweise auch noch oft in Pink!

Und schon sitzt das Teufelchen auf meiner Schulter und piesackt mich:

  •  »Na was bist du nur für eine schlechte Pferdemutti, lässt du deine Bande frieren bei dem Wetter.«
  •  »Und nass, die werden total durchweichen, wenn es regnet ohne Regendecke!«
  •  »Und denk an deine Alten, die MÜSSEN auf jeden Fall eine Decke tragen, du undankbarer Möhrchengeber.«
  • »Was glaubst du wohl, warum es die ganzen Decken gibt, die haben schon ihren Sinn.«
  • »Willst du denn das sie sich im Rücken verspannen, wenn sie im Regen draußen stehen?«

Ich gebe zu, ich hasse dieses Teufelchen. Es ist aber auch ein penetrantes kleines Arschloch. Und schaut man durch die verschiedenen Gruppen dann macht es das nicht besser. Denn auf einmal decken unheimlich viele Besitzer ihre Pferde ein. Wegen gesundheitlicher Probleme die neuerdings im Rudel auftreten, oder wegen Besorgnis, Angst oder Vorsorge. Und nicht zu vergessen, weil man sonst langsam das Gefühl bekommt, eine Pferde-Rabenmutter zu sein, die ihr Pferd nicht ordentlich umsorgt.

Nun, Gott sei Dank lasse ich mich weder von dem Teufelchen auf meiner Schulter, noch von Gruppendiskussionen, so leicht beeindrucken.

Ich mache also das was ich jedem zweifelnden Pferdebesitzer ans Herz lege und betrachte die Situation neutral. Dazu beobachte ich das jeweilige Pferd genau und frage mich ist eine Decke überhaupt nötig?

  • Gibt es einen triftigen Grund für mich in einen funktionierenden Thermohaushalt einzugreifen?
    Denn gesunde Pferde verfügen über eine gesunde Thermoregulation, welche es ihnen ermöglicht auch bei Regen und Schnee problemlos zu leben.

  •  Gibt es einen medizinischen Grund, der eine Decke verlangt?
    Das können diverse Krankheiten sein, welche den Fellwechsel stören, aber auch um den Rücken und Ähnliches zu schonen.

  •  Gibt es einen zeitlichen Grund für eine Decke?
    Nicht jedes Pferd ist nach einer Stunde trockenreiten wieder offenstallbereit. Auch muss man hier manchen Besitzern zugestehen, dass ihnen einfach die Zeit dafür fehlt. Denn viele haben ihre Pferde neben Job und Familie und wollen / müssen sie dennoch bewegen. Hier ist eine Schur in Kombination mit Decke dann oft die einzige Möglichkeit um den Speckmoppel  (das Pferd nicht der Reiter) zu bewegen.
  • Gibt es einen kosmetischen Grund, der eine Decke verlangt?
    Nun auch wenn es manche Reiter nicht verstehen können, aber manche Pferdebesitzer mögen saubere Pferde. Eine Decke erleichtert das Putzen mancher Schlammschweine ungemein. Ist man sehr aktiv im Bereich Schau / Turnier / Show, dann hat man oft gar keine andere Wahl. Denn dann gehört es zum Job des Pferdes nicht wie ein Ferkel aus zu sehen. Eine Schur wie auch eine Decke erleichtern da das Leben des Besitzers.
  • Gibt es einen Haltungsmässigen Grund für eine Decke?
    Man mag es ja nicht glauben, aber es gibt einige Offenställe, in denen nicht alle Pferde gleichzeitig in den Offenstall können. Es braucht nur einen Pferde Arschkeks, der den Türsteher mimt ›Ey Heufresse du kommst hier net rein‹ und schon steht Rosinante draußen in Regen und Sturm. Ob das gewünscht ist? Sicher nicht! Ob an der Haltung dann etwas geändert werden sollte? Sicher, sobald als möglich. Nur ist es oft schwer einen zusätzlichen Unterstand mitten im Winter zu zaubern, oder  mal eben auf die Schnelle den Stall zu wechseln. Da kann eine Regendecke als Übergang eine gute Lösung sein.

 

Man sieht also man kann nicht einfach pauschal für oder gegen eine Decke sein. Jeder sollte für sich und sein Pferd abwägen, ob eine Decke überhaupt nötig ist. Denn machen wir uns nichts vor, so hübsch die Decken im Katalog auch aussehen, sie haben ihre Schattenseiten:

 

  • Man braucht mehr als eine Decke.
    Regendecke ungefüttert und gefüttert in verschiedenen Stärken, Abschwitzdecke, Ausreitdecke usw. Und das wenigstens in doppelter Ausstattung, denn sie wollen ja auch gewaschen / gereinigt werden, während das Pferd sicher eingedeckt bleibt.
  • Einen Platz zum trocknen und aufbewahren der ganzen Decken. Bitte mäusesicher, denn auch die lieben flauschige Decken. Soviel Raum ist seltenst in den Pensionsställen gegeben für alle Decken, aber auch Daheim kann der Deckengeruch ein völlig neues Wohngefühl fördern. Hier ist eine trockene Sattelkammer oder Keller ein Muss.
  • Einen Reinigungsdienst für die Decken der auch Regendecken wieder imprägniert. Nicht ganz kostengünstig aber die meisten Waschmaschinen geben bei Pferdedecken nicht grundlos auf. Und einem Waschsalson betritt man meist auch nur einmal mit einer Pferdedecke und wird dann freundlich hinauskomplimentiert.
  • Einen Deckenservice, denn entweder man wechselt die Decken selber, oder zahlt für diesen Dienst. Denn das Wetter ist oft sehr wechselhaft und da darf man dann schon mal mit den gefütterten oder ungefütterten Decken jonglieren.
  • Nicht zu vergessen die Deckenzerstörer. Sei es der eigene Clown der selbst in einer Hüpfburg seiner Decke Risse zufügen würde, oder die Herdenmitglieder die ihn als Kauknochen missbrauchen. Zerstörte Decken sind einfach keine Freude, aber ein Risiko mit dem man leben muss.
  • Auch ein Risiko sind 24/7 getragene Decken beim Wälzen, spielen und toben. Hier sind Sicherheitsverschlüsse ein Muss! Denn so manches Bein hat schon Verrenkungen in die Bauchgurte gemacht und zu bösen Verletzungen geführt.

Und wenn wir für unseren Einzelfall entschieden haben, dann ist unsere Lösung die Richtige. Ob mit oder ohne Decke ist völlig egal. Niemand vernachlässigt sein Pferd nur weil er es bei einer funktionierenden Thermoregulation nicht in eine Decke packt. Und Niemand ist ein Tierquäler, nur weil er einen Grund hat eine Decke aufzulegen.

Nur bitte ich um etwas mehr Ehrlichkeit:
Wenn ihr eure Pferde aus kosmetischen oder haltungsmäßigen Gründen eindeckt, dann steht bitte dazu. Seid ehrlich zu euch selber wie auch zu eurem Umfeld. Denn die leider viel zu oft vorgeschobenen Gründe wie Alter, Krankheit oder fester Rücken verunsichern eure Umgebung.
Zu oft werden diese Gründe einfach vorgeschoben, weil man vor seinem Umfeld nicht zugeben mag das man es einfach satt hat so lange trocken zu reiten, oder das Schlammschwein mit dem Spachtel sauber zu kratzen. Aber sich oder Andere zu belügen ist genauso unsinnig wie zum Thema Eindecken zu missionieren.
Entscheidet ehrlich für euch und eure Pferde und der Rest kann euch den Buckel runter rutschen.
Ich selber decke meine Bande nicht ein, auch wenn ich die flauschigen Decken weiterhin anschmachten werde. Aber sie würden nur in der Sattelkammer verstauben, wie die ganzen Decken die ich schon seit Jahren besitze. Denn dort liegen sie, unbenutzt aber griffbereit, sollte das Eindecken nötig werden.
Und wenn mich das Teufelchen weiter piesackt, dann schubse ich es von der Schulter, besinne mich auf meine vorhandenen Notfalldecken und beruhige mich, indem ich für mich selber eine hübsche flauschige rosa Decke kaufe.

In diesem Sinne, macht euch nicht verrückt sondern hört auf euer Herz und eure Pferde,
flauschige Grüße
Celeste

pferdedecken

 

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