Trautes Heim, Glück allein?

Hallo meine Flauschehasen, da bin ich wieder. Ich hoffe, es geht euch und euren Lieben gut? Mittlerweile ist der Winter deutlich zu spüren, und während ich mir bei der Stallarbeit den Hintern abfriere, genießen meine Pferde das frostig kalte Wetter.
Wenn ich dann meine Heunetze stopfe, mache ich mir so meine Gedanken. Oft kreisen sie um Themen und Aussagen denen ich immer wieder in den verschiedenen Gruppen begegne. Manche bringen mich zum Grübeln, manche zum Schmunzeln, und manche finde ich schon sehr traurig.
Eine Aussage, die mir in letzter Zeit vermehrt begegnete, war sinngemäß »das es nicht schlimm ist, wenn ein Fohlen alleine aufwächst«, gefolgt von Bekundungen und Lobpreisungen vieler Leser »deren Fohlen das ja auch nicht geschadet habe«. Das hat fast schon einen leichten Tenor von: »Mein Kind durfte auch im Keller Teppiche knüpfen, aber schau mal, wie gut es geraten ist«.
So etwas – also das alleine aufwachsen, nicht das Teppiche knüpfen – habe ich dann nicht nur einmal, sondern wirklich mehrfach in den verschiedenen Gruppen gelesen.
Und ich bin ehrlich, dann schaudert es mich schon ein wenig.
Sollte es nicht im Sinne unserer Fohlen und Jungpferde sein, diese möglichst artgerecht und gesunderhaltend aufzuziehen?
Das wäre dann im besten Fall eine Mutterstutenherde, in die das Fohlen hineingeboren wird.

Diese bietet enorme Vorteile für Stute wie Fohlen:

  • Es gibt mehrere Spielpartner im gleichen Alter, aber mit verschiedenen Charakteren vom Faulschlumpf bis zum Killerclown. So ist für jeden in der Gruppe ein passender Spielpartner vorhanden.
  • Die Fohlen können sich im Spiel probieren, Niederlagen wie auch Siege einstecken, was den Charakter formt.
  • Die anderen Mutterstuten fungieren als Tanten, welche von der sanftmütigen Mary Poppins bis zur fiesen Tante Berta, ein ausgewogenes Sozialverhalten des Fohlens fördern.
  • Die Fohlen spielen vermehrt untereinander und geben den Müttern somit mehr Ruhezeiten.
  • Die Fohlen werden schneller selbstständig, anstatt bei Muttern an der Milchbar zu kleben.

Und wenn die Zwerge dann abgesetzt werden, haben sie dank der Zeit in der Mutterstutenherde, schon ein ausgereiftes Sozialverhalten. Sie wissen wie man freundlich anfragt, wenn man toben oder spielen möchte. Sie haben gelernt, wie man mit ruppigen Spielkameraden umgeht, und ebenso auch, wie man einer gnarzigen Tante aus dem Weg geht.
Dies ist eine gute Vorbereitung um sie dann später in eine Jungpferdeherde zu entlassen, natürlich wieder unter der Aufsicht von Tanten und Onkeln.

Warum wählen also viele Fohlen und Jungpferdehalter bewusst die Einzelhaltung? Obwohl sie wissen, dass ihr Pferdekind eigentlich viel besser in passender Gesellschaft aufgehoben wäre?

Gründe hierfür sind zum Beispiel:

  • Man möchte sein Jungpferd nicht in fremde Hände geben.
  • Der eigene Stall ist vorhanden und man scheut die Kosten des Aufzuchtplatzes.
  • Ein guter Aufzuchtplatz ist weiter weg, was häufige Besuche ausschließt.
  • Man findet es nicht schlimm, wenn sein Fohlen nur mit älteren Pferden aufwächst.
  • Man missversteht, wie sinnvoll eine Herdenaufzucht wirklich ist.
  • Man glaubt, das sein Jungpferd nur bei einem selber sicher und behütet ist.

Ja, ich lese wirklich oft, dass man so schlechte Erfahrung mit Aufzuchtställen gemacht hat, dass man sein Fohlen eben lieber alleine aufwachsen lassen will. Der Rest der Herde soll es dann eben richten, das kann ja nicht so schlimm sein.
Nun mag es sicher ab und an gut gehen, aber Fohlen sind wie kleine Kinder. Sie wollen spielen und toben, raufen und zanken, Unsinn machen und kleine Siege einstreichen, oder lernen mit Niederlagen umzugehen. All dies braucht Spielpartner, die ihnen körperlich und geistig gewachsen sind und vor allen Dingen auch den ganzen Mist auch mitmachen wollen.
Mag es sicher ältere Pferde geben die wirklich gerne mit den kleinen Kackbratzen spielen und toben. Aber einem Großteil der meisten erwachsenen Pferde gehen diese kleinen Biester dauerhaft auf den Keks.
Das ist wie wenn man ein kleines Kind auf Erwachsene loslässt. Jeder spielt mal mit dem kleinen Jungen Fussball oder mit einem kleinen Mädchen Seilspringen, oder kocht in der Spielküche und trinkt imaginären Tee. Aber irgendwann geht uns als Erwachsenen die Lust, wie auch die körperliche Kondition aus. Und wenn uns dann ein kleines,  nervendes Kind immer wieder am Ärmel zupft, weil es mit uns spielen will, dann reagieren wir auch mal genervt oder unwirsch. Sinnvoller ist es dann, wenn ein Kind andere Kinder als Spielpartner hat, die mit ihm spielen toben und raufen, während wir dann die Erziehungsarbeit übernehmen.
Und ebenso gilt das auch für Pferdekinder.
Damit diese ihren Spieltrieb nicht an der ganzen Herde auslassen, ist ein passender Spielpartner die beste Wahl. So können die Zwerge miteinander spielen, und Tanten und Onkel bei Bedarf mitspielen, oder ihre Ruhe geniessen und nur zu kleinen Erziehungseinheiten einschreiten.
Das ist gerade dann von Vorteil, wenn auch ältere oder kranke Pferde in der Herde sind, denn für diese kann so eine kleine aufmüpfige Kackbratze schon eine enorme Belastung werden.
Ausnahme sind allerdings tatsächlich spielbegeisterte ältere Pferde. Ja, die gibt es wirklich. Erwachsene Pferde die nicht den Nanny Job, sondern den des Spielkumpanen übernehmen. Diese erziehen nicht sondern spielen wirklich. Leider sind diese aber seltener in den Herden als uns die heile Internetwelt vorgaukeln mag. Denn oft werden sie mit Herdenmitgliedern verwechselt die ab und an mitspielen, aber eben nicht dauerhaft. Hier muss man klar trennen ob das Herdenmitglied wirklich als dauerhafter Spielpartner geeignet ist, oder nicht doch besser ein Pferdekind im passenden Alter her sollte.
Hilfreich ist hier auf jeden Fall, wenn das Fohlen vorab das Sozialverhalten in der Mutterstutenherde erlernt hat. Dann klappt es nämlich meist viel leichter mit einem älteren Spielpartner. Aber wie im echten Leben ist ein Spielpartner schön, aber mehrere sorgen eben auch für mehr Spaß.

Welche Möglichkeiten hat man denn, um für weitere Gesellschaft zu sorgen?
Sinnig wäre an erster Stelle ein Platz in einer Mutterstutenherde. Hat man keine eigene kleine Zucht, dann sollte man bei einem Züchter anfragen, ob man einen Platz in der Herde bekommen kann. Denn allein die Zeit in der Herde bis zum Absetzen prägt das Jungpferd ungemein. Was es in dieser Zeit lernt, ist unschätzbar wertvoll und hilfreich für die Zeit nach dem Absetzen.

Alternativ ginge auch, dass man selber einen Pensionsplatz für eine tragende Stute anbietet, oder eine Leihstute eines Züchters zu sich nimmt.
Nach dem Absetzen wäre dann die Fohlenherde in Pension oder bei einem Züchter sinnvoll. Alternativ wäre auch hier wieder das man selber einen Pensionsplatz für ein weiteres Jungpferd anbietet, oder ein Leihpferd von einem Züchter.

Hier gilt wie immer: Nur sprechenden Menschen kann geholfen werden. Und wenn man eh bedingt durch Zucht und Hengstauswahl einen näheren Kontakt zu größeren Züchtern führt, warum kann man dann nicht nach einem Aufzuchtplatz oder einem Leihpferd fragen?
Und ja, viele Aufzuchtplätze sind weiter weg oder schlecht geführt. Daher sollte man sich diese im besten Fall schon vor der Bedeckung ansehen und sorgfältig auswählen. Wenn ein Aufzuchtplatz weiter weg ist, so sind wenige sinnvoll genutzte Besuche sinnvoller als ein dauerhaftes betüdeln.

Auch wenn ich ein Freund davon bin das Jungpferde in kleinen Lerneinheiten trainiert werden können, so braucht es eigentlich nicht mehr als das Fohlen Abc. Und einmal verinnerlicht reicht es völlig, wenn dieses einmal im Monat abgefragt wird. Ein täglicher Kontakt ist also eigentlich nicht nötig wenn das Jungpferd in seinem Aufzuchtplatz gut versorgt wird. Die Aussage »das man was von seinem Fohlen haben will« zählt übrigens in meinen Augen nicht. Denn nur aufgrund des eigennützigen Wunsches nach der eigenen Bespassung, sollte einem Jungpferd nicht der Spielpartner verwehrt werden!
Hier ist es also an einem selber den Drang der Helikoptermutti zurück zu stecken, und an die Bedürfnisse des Pferdezwerges zu denken. Entweder bieten wir also selber passende Gesellschaft – sei es mit eigenen Jungpferden, Leihpferden, Pensionspferden oder älteren Pferden, welche wirklich dauerhaft spielen – oder wir geben es in einen passenden Pensionsplatz.
Aber es einfach alleine zu halten aus Angst vor schlimmen Erfahrungen hat etwas davon, sein eigenes Menschenkind Luftposterfolie zu packen und jegliche Bewegungsfreiheit zu nehmen. Es gibt Erfahrungen, die gemacht werden müssen, um hinterher in einer sozialen Gruppe agieren zu können und gut zurecht zu kommen.
Natürlich träumt man von der besonderen Bindung mit seinem Pferdekind. Sicher will man es aufwachsen sehen, und es in seiner Ausbildung begleiten, aber dann bitte in Gesellschaft. Ist diese im heimischen Stall nicht gegeben, dann muss man seine Übermutter Gene im Zaum halten und das Pferdekind in fremde Hände geben. Mag nicht jeder Aufzuchthof einem Mary Poppins-Film gleichen, so sind viele nicht so schlecht, wie sie oft dargestellt werden.

Ich persönlich habe schon die verschiedensten Möglichkeiten gewählt. Die Mutterstute in eine fremde Züchterherde gegeben, Absetzer in die Fohlenherde, Leih-Jungpferde zu mir genommen, oder ein wirklich dauerhaft aktives spielfreudiges Pony, welches vom Jungpferd als Spielpartner gewählt wurde, statt der geplanten anderen Jungpferde.
Wichtig ist, dass man sich nicht nur Gedanken macht, sondern auch bereit ist verschiedene Wege zu gehen. Wege, die dem Jungpferd zugutekommen, auch wenn die eigenen Pferdemutter-Wünsche dabei etwas zu kurz kommen.

In diesem Sinne, euch und euren Zwergen alles Gute,
Flauschige Grüße
Celeste

 

Ein Gedanke zu „Trautes Heim, Glück allein?

  1. Hallo, ich bin kein Flauschehase, deshalb habe ich das Lesen des Blogs schon mehrfach entnervt abgebrochen. Diesen Beitrag finde ich absolut treffend und richtig. Zur Tierliebe gehört für mich, dass man Tiere nicht vermenschlicht. Deshalb gehören Fohlen zu Fohlen und nicht an Frauchens heimischem Stall.

     

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