Tag-Archiv | Vertrauen

Hexenwerk Halsring?

Hallo meine Flauschehasen, da bin ich wieder. Ich hoffe, es ist euch gut ergangen in der letzten Woche? Meine Woche war wie immer ein wenig stressig, denn wer kennt es nicht: Wenn die Pferde wieder zum Winter hin in den Offenstall einziehen, wächst das Arbeitspensum ungemein. Und während ich nun wieder Heunetz um Heunetz stopfe, habe ich genug Zeit, um über alle Pferdethemen aus dem Internet zu sinnieren.
Ein Thema, mit dem sich meine Gedanken dabei gerne beschäftigen, ist die Glorifizierung des Halsringes. DER Halsring, das Wunderwerk, welches die hohe Reitkunst darstellen soll. Jener, der für das absolute Vertrauen zwischen Reiter und Pferd gilt. Selbstverständlich muss dieses immer im Galopp auf Feldern und Wiesen im Gelände dargestellt werden, denn nur dann zeigt sich die tiefe Verbundenheit, die man zu seinem Pferd hat. Jedes Gebiss ist nur Zwang, jede gebisslose Zäumung ein reiner Kindergeburtstag, gegen den heldenhaften Halsring, dem absoluten Monument des Vertrauens.
Okay kommt es bei euch gerade auch zu Brechreiz, oder seid ihr echte Halsring Fanatiker? Ich meine, es spricht nichts gegen einen Halsring, aber eigentlich ist er nur ein weiteres Kommunikationsmittel mit dem Pferd.
Denn ob ich ein Gebiss nutze, eine gebisslose Zäumung, einen Halsring, meine Stimme, ein Handauflegen oder eine Gerte, die ich zum Zeichengeben nutze, der Sinn ist immer gleich: Man bringt seinem Pferd bei, auf ein bestimmtes Kommando zu reagieren. Das heißt, ich kann ein Pferd entsprechend trainieren, über eine Gebisshilfe nach links ab zu wenden. Aber das geht auch über eine Gewichtshilfe, eine leichter Druck mit dem Schenkel, ein Zügel anlehnen, ein Wortkommando, eine Gerte die sanft berührt usw. Die Möglichkeiten einem Pferd ein Kommando beizubringen sind nahezu grenzenlos. Oder wie mein verstorbener Vater so schön zu sagen pflegte:
»Es ist absolut egal welches Kommando du benutzt um eine Lerneinheit zu festigen, Hauptsache du nutzt es für das Pferd verständlich und konsequent. Also könntest du statt ›Steh‹ oder ›Whoa‹ auch ›Kaffeekanne‹ sagen, solange du es ihm genauso beibringst.«
Gut, meine Pferde hören nicht auf Kaffeekanne, aber ich denke, den Sinn versteht ihr dennoch. Es ist an euch, welchen Ausbildungsweg ihr für eure Pferde nutzt, ob dies mit oder ohne Gebiss ist. Aber ein Halsring ist nicht das Wunderwerkzeug zu welchem er oft emporgehoben wird. Ich verstehe einfach nicht, warum da so ein Aufheben drum gemacht wird. Im Westernreiten ist das ›Neck reining‹, also die Zügelführung über den Hals nun wirklich nichts Außergewöhnliches oder Mythisches. Und auch das stoppen ohne Zügeleinwirkung, nur über die Gewichtshilfen oder Stimmkommandos sind nun wirklich nichts Neues.
Warum sollte das dann mit dem Halsring anders sein? Es ist doch auch nur ein Kommando, das über eine Einwirkung auf den Hals abgerufen wird. Eigentlich so überhaupt nichts Neues, außer dass man das Kopfstück weglässt.

Was ist also los in der Girlie- und Pferdeflüstererwelt, das so viele nun den Halsring anlegen und sich für das heißeste Wiener Würstchen halten?
Denn bei den ganzen Bildern, welche sich im Netz tummeln, sieht man wirklich selten gut gerittene Pferde mit Halsring. Sicher gibt es diese auch, nur waren die auch vorher gut geritten und ausgebildet, so dass der Sprung zum Halsring einfach ein weiterer Schritt einer normalen Trainingseinheit war.
In der Onlinewelt der Girlieseiten und selbst ernannte Horsemen sieht die Realität aber anders aus. Da werden schlecht ausgebildete und noch schlechter gerittene Pferde, mit einem hübschen poppigen Halsring verziert, und über Felder und Weiden gejagt. Wenn es dann mit dem Bremsen nicht so gut klappt, macht das ja nichts, schließlich ist das Feld, so Gott will, lang genug und irgendwann ist das Pferdchen auch mal müde. Na ja hoffentlich, bevor es – mit oder ohne Reiter – wieder am Stall ankommt. Gut ausbalancierte Pferde die sich selber wie auch den Reiter tragen, sieht man dabei aber eher selten. Der Fokus liegt auf dem Halsring draußen im Gelände, natürlich im Galopp um das vermeintliche Vertrauen bildlich festzuhalten. Das Ganze dann noch mit wehendem Haar, Wallekleidchen und einer Wolke aus Holi Pulver, das dann gepostet mit dem Wort Vertrauen und mit 10 Herzchen verziert, macht es zu einem Like-Catcher für alle online Plattformen.
Dabei hat der Halsring nichts aber auch gar nichts mit Vertrauen zu tun, denn das Pferd hat ja keine Angst geritten zu werden. Es hat keine Angst vor einem Feld, einer Weide und dem folgenden Galopp. Eigentlich freuen sich die meisten Pferde, wenn sie einmal richtig Gas geben dürfen auf weiter Strecke. Also sollten wir dem Pferd nicht einreden, das es uns vertraut, nur weil wir einen Halsring benutzen.
Und anders herum? Vertrauen wir in das Pferd, nur weil es sich mit einem Halsring stoppen lässt? Das wäre ein ziemliches Armutszeugnis, wenn man die eigene Ausbildung und das Training so herunterspielt und das Ganze nur als Vertrauen deklariert.
Entweder man bildet sein Pferd gut aus und trainiert es auf das entsprechende Hilfsmittel, oder man pfeift auf die Ausbildung, lässt sein Pferd einfach rennen und hofft auf das Beste. Aber sorry, dies ist dann kein Vertrauen in das Pferd, sondern Dummheit, wenn man den Wert einer guten Ausbildung verkennt. Vertrauen sollte man dann eher in Gott – oder wen man auch sonst immer anbetet – haben. Nicht zu vergessen, im Zweifelsfall auch in den Notarzt und das Krankenhausteam, welches einen nach einer missglückten Aktion wieder zusammenflicken darf.

Der Halsring ist einfach ein Hilfsmittel der Kommunikation mit seinem Pferd. Und ob und wie gut  dieses funktioniert, hängt einzig von der Ausbildung des Pferdes ab. Auch, wenn sich das sicher nicht so gut vermarkten, lässt wie ›Vertrauen, Liebe und Geborgenheit‹ so ist er doch nichts anderes. Wie gut die Umsetzung der Hilfen mit dem Halsring funktioniert, liegt also an der Ausbildung und dem Training vor und mit dem Halsring. Und wenn man diesen draußen im Gelände nutzen möchte, dann sollte man wenigstens eine Sicherheitstrense unterlegen. Zum einen, weil man im Notfall immer noch eine Einwirkung auf den Pferdekopf hat, statt nur auf den Hals (Stichwort Hebelwirkung) und zum anderen, weil somit der Straßenverkehrsordnung genüge getan wird.
Warum und wieso habe ich schon einmal hier erklärt: http://celeste-drake-books.de/regeln-sind-keine-ansichtssache/

Aber egal welches Mittel der Kommunikation ihr jetzt oder später nutzen möchtet, denkt immer daran: Der Schlüssel liegt in der Ausbildung und im Training. Er liegt nicht in frommen Wünschen, Gebeten oder mystischen Umschreibungen.

Flauschige Grüße
Celeste

 

Regeln sind keine Ansichtssache

Hallo meine Flauschehasen, da bin ich wieder. Irgendwie war diese Woche komplett für den Allerwertesten, denn es gab das ein oder andere persönliche Desaster und nun tippe ich hier mit Grippe und enormen Halsschmerzen. Um das Ganze noch zu toppen hat der Amoklauf in München viele Menschen in Angst und Schrecken versetzt. Daher vorab für alle die sich um meine Oompa Loompa/Julia A. Kris sorgten, ihr geht es gut. Dennoch mein tiefstes Beileid an alle betroffenen Familien und Freunde der Opfer. Wir wünschen euch viel Kraft und Hoffnung, und in Gedanken sind wir bei euch.

Aber kommen wir zu dem heutigen Wochenendthema, dieses Mal ein Wunschthema, das mir von mehreren Seiten in privaten Nachrichten ans Herz gelegt wurde. Geschuldet war es nicht einer einzelnen Diskussion, sondern gleich mehreren, da es in den letzten Wochen immer wieder ein akutes Thema war: Pferd am Fahrrad

Um es mal formell auszudrücken:

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Zitat aus § 28 der StVO

(1) Haus- und Stalltiere, die den Verkehr gefährden können, sind von der Straße fernzuhalten. Sie sind dort nur zugelassen, wenn sie von geeigneten Personen begleitet sind, die ausreichend auf sie einwirken können. Es ist verboten, Tiere von Kraftfahrzeugen aus zu führen. Von Fahrrädern aus dürfen nur Hunde geführt werden.

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Eigentlich gibt es daran doch nichts zu rütteln oder zu diskutieren. Die Regel ist eindeutig. Sicher mag es Personen geben, welche diese Regel nicht kennen, daher weise ich gerne in Facebook Gruppen oder Seiten darauf hin, wenn ich wieder über pikante Bildchen oder Aussagen stolpere. Denn es ist nicht nur das die Polizei bei solchen Aktionen ein Bußgeld verhängen darf, sondern auch die Versicherung die sich im Falle eines Unfalles aus der Zahlungspflicht befreien kann. Und das sogar mit Recht. Schließlich hat man fahrlässig gegen ein Verbot gehandelt, und das muss keine Versicherung zahlen, ebenso keine Prozesskosten oder Schadenersatzklagen. Also kommentiere ich (und viele andere besorgten Personen) solche Bilder und Texte immer wieder.

Oh Gott, nun sehe ich schon einige Leser die Hände über dem Kopf zusammenschlagen und mich auf den Mond – oder wahlweise den Scheiterhaufen – wünschen.

Nicht dass ich diese Reaktion nicht öfters erlebe, poste ich auch oft genug meine Meinung zu Freilauf- oder Halsring-im-Gelände-Bildchen. Da gibt es dann positive Reaktionen welche ebenso erklärend sind wie meine. Reaktionen bei denen sich Leser bedanken weil sie bislang nicht wussten welche Auswirkungen ihr unbesonnenes Handeln haben kann. Und Reaktionen mit Ablehnung.

Heidenei was musste ich mir da schon anhören:

  • Spielverderber
  • Jeder muss wissen was er macht
  • Jeder war mal Jung
  • Ich kenne mein Pferd da passiert nix (warum muss ich gerade an das Hundeshirt denken mit *der tut nix*  ?)
  • Ob ich nichts Besseres zu tun habe, als Internet Polizei zu spielen
  • Die große Vertrauenslüge. Hier noch einmal etwas zum Thema Vertrauen von mir
    http://celeste-drake-books.de/tag/vertrauen/ 
  • Getoppt von den persönlichen Beleidigungen wie angeblicher Neid und kein eigenes Leben.

Ja im Internet haben sie alle eine große Klappe …

Nur sollte man doch einmal überlegen, warum Personen wie ich immer wieder Aufklärungsarbeit betreiben. Denn es gibt unheimlich viele Personen, die nicht wissen das man:

  • Kein Pferd neben dem Fahrrad führen darf
  • Kein Pferd in Feld Wald und Flur frei laufen lassen darf
  • Der Halsring ohne Sicherheitszaum keine ausreichende und erlaubte Zäumung ist
  • Pferde nicht von Inlinern aus geführt werden dürfen.

Viele – gerade junge – Mädchen sehen die Bilder im Internet und wollen dem nacheifern. Und die freiheitsliebenden Hippie-Uschies, welche dann auch noch groß tönen, dass man sich den Spaß nicht verderben lassen soll, machen es nicht besser und bestärken die unerfahrenen Mädels. Also bin ich eben der Spielverderber und kläre auf. Das es verboten ist, welche Konsequenzen es haben kann und das man sich mitunter für den Rest des Lebens finanziell ruinieren kann. Nur mache ich das nicht, weil ich ein Besserwisser bin oder neidisch oder weil ich online jemanden ans Bein pushern will.

Ich, und viele andere, machen das um euch und eure Pferde zu schützen!

Jeder darf auch mal eine Regel nicht kennen, aber es liegt an euch wie ihr darauf reagiert, wenn man euch darauf hinweist. Niemand ist fehlerlos und auch ich war schon froh, wenn ich auf ein unbewusstes Fehlverhalten hingewiesen wurde.

Und mal neben bei ein Gruß an die Befürworter dieser unsinnigen Aktionen. Jene, die noch fröhlich Bilder posten, obwohl man schon darauf hingewiesen hat, das es verboten ist: Ihr seid diejenigen, die sonst immer so laut aufschreien, wenn man sich nicht an eure Regeln hält. Zum Beispiel Futterverbote, Verbote den Stall zu betreten usw.

Ihr wollt ebenso nicht das jemand einfach unerlaubt eure Pferde nimmt und reitet, etwas anderes als vorgegeben füttert oder die Weidezeiten nicht nach euren Wünschen einhält. Nur um ein paar Beispiele zu nennen. Also stellt ihr Regeln auf, an die sich jeder halten soll, aber selber geht ihr mit anderen Regeln sehr freizügig um. Überlegt bitte das Regeln, gerade offizielle, wie die Straßenverkehrsordnung, keine Einbahnstraße sind. Regeln gelten nicht nur dann wenn es einem gerade in den Kram passt.

Wir Reiter und Pferdebesitzer sollten uns gegenseitig helfen und unterstützen, und nicht noch zu Unsinn und Straftaten ermutigen!

Vor über 15 Jahren war ich auch so knacke blöde und habe mein Pony vom Fahrrad ausgeführt. Allerdings im Privatwald mit schriftlicher Erlaubnis der Stadt. Heute weiß ich, dass auch dieses die Straßenverkehrsordnung nicht aushebelt, und würde es daher nie wieder tun. Wie dankbar wäre ich damals für eine Erklärung statt einer fälschlich gegebenen Erlaubnis gewesen. Nicht weil etwas passiert wäre, sondern weil ich ein sehr regelbewusster Mensch bin.

Ich weiß es aber seit einigen Jahren nun dank des Internets, das es damals noch nicht gab, und habe es auch nie wieder in Betracht gezogen, es wieder zu versuchen.

Wir sollten dankbar sein, dass wir das Internet als große Informationsquelle nutzen können. Also benutzt es bitte nicht um Pferdebesitzer zu Sachen zu verleiten, welche verboten sind. Nutzt euer Wissen und helft lieber mit die anderen Pferdebesitzer aufzuklären und zu schützen. Ich werde auf jeden Fall nicht damit aufhören, auch wenn man mich trotz netter Erklärungen beleidigt oder von Seiten sperrt.

Flauschige Grüße
Celeste

011105

 

Das Märchen vom Vertrauen

Hallo meine Flauschehasen, da bin ich wieder. Ich hoffe, es geht euch und euren Pferden und anderen Vierbeinern gut? Viele sind ja momentan arg geplagt, von schweren Unwettern die Weiden wie Offenställe unter Wasser setzen. Allen denen es also momentan nicht so gut geht drücke ich fest die Daumen, auf das bessere Zeiten bald folgen werden.

Aber kommen wir zum heutigen Thema. Denn momentan gibt es ein Wort, das mich dauerhaft verfolgt, wie der Duft von Hundescheiße nach einem Tritt in selbigen Haufen. Und zwar das Wort: Vertrauen
Mit diesem Wort wird im Pferdebereich um sich geworfen, wie Prinz Karneval seine Bon Bons verteilt.

Die Anlässe dazu sind vielfältig, so z.B.:

  • Dein Pferd möchte Aufgabe XY nicht erledigen?
    Dein Pferd vertraut dir nicht!
  • Lektion XY kannst du mit deinem Pferd nicht erreiten, aber Andere schon?
    Dein Pferd vertraut dir nicht!
  • Dein Pferd hat Angst vor XY?
    Dein Pferd vertraut dir nicht!
  • Du reitest dein Pferd nicht mit Halsring im Gelände?
    Du vertraust deinem Pferd nicht!
  • Du machst keine Bilder ohne Zaum im Gelände?
    Du vertraust deinem Pferd nicht!
  • Du reitest nur mit Kappe/Weste/sicherem Schuhwerk?
    Du vertraust deinem Pferd nicht!

Aber was ist Vertrauen für viele Pferdhalter eigentlich?

Vertrauen bedeutet für sie, dass man als Pferd von seinem Gegenüber in eine unangenehme oder gefährliche Situation gebracht wird, aber diese trotzdem meistert, da man davon ausgeht das einem nichts Gefährliches passiert.
Dieses »Vertrauen« basiert also auf:

  • Positive Erfahrungswerte mit der Person.
  • Eine positive Einschätzung der Person.
  • Einer guten Argumentation der Person.
  • Aber auch eigene Erfahrungswerte welche uns die Situation neutral einschätzen lassen.

Vertrauen ist also dann wichtig, wenn wir unser Pferd in eine ungewohnte und neue Situation bringen. Aufgrund der Erziehung, wie auch der positiven Erfahrungen die unser Pferd mit uns zusammen gemacht hat, kann es sich leichter solch einer Situation stellen.
Ebenso ist Vertrauen wichtig bei unangenehmen Erfahrungen.
Solche kommen z.B. oft bei notwendigen tierärztlichen Behandlungen vor. Neben einer guten Grunderziehung ist es also wichtig das unsere Pferde lernen unangenehme Behandlungen zu ertragen, ohne sich derer zu entziehen.

Aber Vertrauen ist nicht die grundlegende Lösung für alle Probleme rund um den Pferdealltag.
Viele Dinge basieren eher auf einer guten Erziehung und einem vernünftigen Training mit vielen Wiederholungseinheiten. Ebenso eine angepasste Fütterung und eine artgerechte Haltung.
Dazu ist der Zeitfaktor eine entscheidende Hilfe.
Beispielsweise Selbstversorger haben oft eine sehr innige Beziehung zu ihren Pferden. Dies folgt aus der Zeit die man zusätzlich MIT seinen Pferden verbringt, aber eben in dieser Zeit keine Arbeit fordert. Zeit in denen man sie neben der Stallarbeit beobachtet, ihr Sozialleben verfolgt. Somit durch das Gesehene auch besser Bescheid weiß was sie gerade beschäftigt, als ein Besitzer der nur zu Pflege und Training erscheint.

Was Vertrauen aber NICHT ist: Halsring/ohne Zaum Gelände Bildchen.
Das hat NICHTS mit Vertrauen zu tun, aber eine Menge mit Dummheit. Denn unsere Pferde sind Fluchttiere. Wie kann man immer wieder mit Liebe und Vertrauen argumentieren, aber gleichermaßen seinem Pferd einen wichtigen Instinkt – den Fluchtinstinkt – aberkennen?
Wie kann man davon ausgehen das sein Pferd wie eine Maschine, statt einem Lebewesen mit Ängsten und Gefühlen funktionieren soll? Nur weil man sich mit einem angeblichen Vertrauen brüsten will? Hier herscht eine gnadenlose Selbstüberschätzung was das Verhältnis zwischen Mensch und Pferd betrifft. Ebenso eine gnadenlose Unkenntnis, was die Gesetzgebung zur Strassenverkehrsordnung betrifft. Wer sich deswegen noch einmal informieren will, hier ein alter Text von mir dazu:

Reiten oder Halsring-Show?

Dort habe ich erklärt, warum eine Versicherung eben nicht zahlt, ebenso was einen noch an Strafen erwartet.

Von daher, wenn ihr mit Halsring ausreiten möchtet, dann nutzt einfach eine zusätzliche Sicherheitstrense. Diese muss ja nur im Notfall benutzt werden, aber sichert euch entsprechend ab. Ohne Zaum aber hat kein Pferd etwas draußen verloren. Selbst für teure Fotoshootings sollte wenigstens der Shooting-Bereich mit transportablen Pfählen und Litze entsprechend abgesichert sein. Fotografen die sich diese Mühe nicht machen sind in meinen Augen nicht empfehlenswert.
Aber den Halsring draußen ohne Sicherheitstrense zu nutzen, oder Shootings ohne Zaum und ohne Sicherheitszaun zu machen, das hat NICHTS mit Vertrauen zu tun.
Denn allein das man immer wieder mit dem angeblichen Vertrauen argumentiert zeigt ja das einem bewusst ist, dass diese Situation gefährlich werden kann. Und sein Pferd und sein Umfeld bewusst einer gefährlichen Situation aus zu setzen ist fahrlässig und nicht lobenswert.
Diese Aktionen dienen einzig dem eigenen Ego, weil man der Außenwelt beweisen will, welch angebliches inniges Verhältnis man zu seinem Pferd hat. Wie cool man doch ist. Und wie gut das Pferd doch angeblich auf die kleinsten Hilfen reagiert. Sachen, die viele Reiter ebenso locker beherrschen, aber sie dennoch nur in einer umzäunten Umgebung trainieren. Denn diese sind sich der Gefahren bewusst und trainieren lieber für sich selber, ohne nach Likes und Aufmerksamkeit zu geifern.

In diesem Sinne: Schraubt das eigene Ego ein wenig zurück und überlegt, was Vertrauen wirklich bedeutet. Denn das misst sich nicht an Facebook Likes. 😉

Flauschige Grüße
Celeste

Maerchen vom Vertrauen

 

Die richtige Führposition

Hallo meine Flauschehasen, da bin ich wieder.
Hat das Herbstwetter euch auch so gut im Griff? Die Pferde werden weich und flauschig, und mitunter nutzen sie die von den Regengüssen aufgeweichten Weiden, um eine Matschmaske aufzulegen. Aber wie die Kosmetikindustrie uns ja hat wissen lassen, macht Matsch im Gesicht nur schöner.

Man muss ich hübsche Pferde haben …

Aber nein, so schlimm ist es natürlich nicht. Aber nach dem trockenen Sommer ist es doch wieder ein wenig seltsam, wenn das Fell nun von einigen Matschflecken verziert wird.
Ob wir also wollen oder nicht, wir sind im Herbst angekommen.
Aber das bedeutet eben nicht nur Regen, sondern auch in bunten Farben schillerndes Laub an Bäumen und Büschen, oder farbenprächtige Sonnenuntergänge. Kürbisse die einen bei den Straßenverkäufern schon von weitem anleuchten, oder auch günstige Preise bei Karotten im Supermarkt.
Wie schon einige Male erwähnt: Ich mag diese Jahreszeit wirklich sehr gerne.
Da ich aber bedingt durch die Handwerker im Haus auch weiterhin mehr daheim sein muss, als ich möchte, gibt es natürlich immer wieder Themen, die weil heiß diskutiert, auf meiner Pinnwand aufploppen und mich über Tage verfolgen. Diese Woche war es das Thema: Die richtige Führposition.
Nachdem mich das Thema so viel Nerven gekostet hat, möchte ich auch hier gleich einmal meinen Senf dazugeben.

Was soll man sich darunter vorstellen?
Es gibt einige Bodenarbeitstrainer, ebenso wie Möchtegerntrainer oder selbst ernannte Pferdegurus die darauf schwören das ein Pferd nur und ausschließlich an Position X zu gehen hat. Meist soll das Pferd an der rechten Seite gehen und der Kopf des Pferdes soll einzig und allein auf Schulterhöhe des Pferdeführers sein.
Jeder Schritt davor wäre verboten, denn dann würde das Pferd plötzlich eine Verwandlung zum grünen Hulk ablegen und die Chefposition des Führenden in Frage stellen. Jeder Schritt dahinter aber auch, denn das Pferd könnte sonst seinem Besitzer in die Hacken laufen, es umrempeln, oder sich in einem unachtsamen Moment in einen Pferdezombie verwandeln und in einem Blutrausch nach Menschenhirn seinen Führer anfallen.
Allerdings bin ich mir bei so manchen Kommentaren nicht sicher, ob der arme Pferdezombie nicht doch verhungern würde …

Damit diese Führposition auch ja korrekt bei behalten wird, übt man was das Zeug hält. Das Pferdchen wird immer wieder mit zuppelndem Strick oder wedelnder Gerte daran erinnert, seine Position auch ja bei zu behalten. Meist unterstreichen spezielle Halfter, Gerten, Stöckchen und Stricke das »Training«, der kommenden Pferdeflüsterer.
Der Geldbeutel des Pferdegurus wird dabei nur rein zufällig mit gefüllt, schließlich möchte er ja nur das Beste für Pferd und Reiter. Und so wird dieser auch nicht müde immer wieder Bücher und Videos anzupreisen, samt der unersetzlichen Ausrüstung für Pferd und Reiter. Denn nur damit unterstreicht man die passenden Übungslektionen! So mancher der Verkäufer erinnert mich mit seinem gebetsmühlenartigen Anpreisen der Vorteile an die Teleshoppingkanäle, bei denen ich lieber schnell weg zappe.
Die Schüler üben aber eiffrig. Immer wieder wird dem Pferd die perfekte Position eingebläut. Und das endet dann meist entweder mit einem völlig entnervten Pferd, oder einem das abgestumpft ist und wirklich stoisch auf der gewünschten Position bleibt.

Aber ist das wirklich wünschenswert?
Will man das wirklich?

Wie ihr wisst, ich bin ein Mensch, der sehr pragmatisch ist. Bei mir gelten folgende Führregeln:

  • Das Pferd lässt sich brav und anständig von jeder Person führen (auch Kinder)
  • Das Pferd rempelt und drängelt nicht und achtet den persönlichen Tanzabstand
  • Das Pferd lässt sich von allen Seiten führen
  • Das Pferd geht auf Wunsch neben / vor / hinter mir, so wie ich es dirigiere
  • Es wird nicht am Strick gefressen
  • Auf der Weide / in der Box dreht sich jedes Pferd zu mir um und wartet brav, bis ich das Halfter ausziehe und es wegschicke

Das hat natürlich einige Vorteile. Ich habe somit ein Pferd, das ich in allen Führpositionen dirigieren kann. Das ist praktisch, wenn man z.B. mit 2 Pferden durch einen Engpass muss und eines hinter her gehen kann.
Es ist handlich, wenn man sein Pferd z.B. am Strick vorschicken kann, beispielsweise in eine Weideschleuse hinein, während man selber in Ruhe das Tor schließt, oder drängelnde Fremdpferde weg schickt. Auch kann das Pferd relativ entspannt neben einem trotten, auch mal nach links und rechts sehen, und nur dann reagieren wenn ich eine Ansage mache. Und es ist für mich selbstverständlich das auch andere Personen (selbst Kinder) die Pferde problemlos führen können. Nichts ist gruseliger als reine Mama-Pferdchen, die nur von Mutti zur Weide / zum Stall gebracht werden können. Und der arme Stallbesitzer dann verzweifelt, wenn Mutti krank oder im Urlaub ist.

Ich hatte nie ein Problem damit, dass eines meiner Pferde meine Position in Frage gestellt hätten, nur weil ich nicht auf eine bestimmte Führposition achte. Also mit dem Hulk und dem Pferdezombi kann ich einfach nicht dienen. Meine Pferde sind eben stinklangweilig.
Wenn man also an seiner Führposition arbeiten will, kann ich entsprechend nur dazu raten diese eher aus zu weiten, statt zu beschränken. Das heißt, nicht auf einen festen Punkt zu bestehen, sondern eher zu üben das Pferd von allen Seiten aus Dirigieren zu können. Es erleichtert das Leben ungemein und bietet Abwechslung. Dazu braucht es keine besondere Gerte, keinen Spezialstrick oder Halfter, sondern ein HGW-Halfter (HGW = hundsgewöhnlich) samt langen Strick reichen völlig.

Trainieren kann man das wunderbar auf Platz oder Weide.
Mit Eimern, Baustellenhütchen als auch Sprungständern usw. baut man sich Wege, Sackgassen oder Engpässe. Die Pferde lernen sehr schnell das sie auch am längeren Strick auf den richtigen Weg geschickt werden können, ohne das Mutti Hüfchen hält.

Habt ein wenig Vertrauen, das ja sonst immer so groß geschrieben wird, in die Intelligenz eurer Pferde. Ihr werdet sehen, wie es euch und euren Pferden das Leben einfacher machen wird.

Flauschige Grüße
Celeste

200915

 

Vertrauen bis in den Tod

Hallo meine Flauschemäuse, da bin ich wieder.
Während das Wochenende voller Regen ist und ich Zecken aus dem Pferdefell pflücke, kreisen meine Gedanken, wie der Titel bereits verrät, um ein ernstes Thema.

Immer wieder stolpere ich über Bilder, welche mir die Haare zu Berge stehen lassen. Bilder von jungen Mädchen im Gelände, welche zum Beispiel mit Halsring ausreiten aber ohne Sicherheitstrense darunter. Oder aber Bilder von Spaziergängen, Posing in Feldern oder auf offenen Weiden, bei denen das Pferd weder Trense noch Halfter trägt, sondern einfach NICHTS!

Immer wieder werden diese Bilder umschrieben mit einem Wort, das mir langsam einen Würgereiz beschert: Vertrauen.

Die Damen, lustigerweise habe ich nämlich so eine schwachsinnige Aktion noch nie von einem Mann gesehen, betiteln diese Bilder immer als Vertrauensbeweis. Als Vertrauen das sie in ihr Pferd haben, dass es nicht von ihnen weg läuft.  Ebenso als Vertrauen das ihr Pferd dem Besitzer/Rb entgegen bringt, sich in seiner Gegenwart nicht vor der Außenwelt zu fürchten. Und falls es sich doch einmal Angst haben sollte, dass es sich vertrauensvoll unter Muttis Rock, oder wahlweise auch auf deren Ärmchen flüchtet.
Denn so stellen sich manche Menschen Vertrauen vor. Vertrauen das selbst in Risikosituationen immer auf Knopfdruck vorhanden sein soll, und vor allem funktionieren soll.

Dumm nur das ein Pferd ein Fluchttier ist und vor einer Gefahr weg flüchtet.

Ist die Gefahr nur minimal, zum Beispiel der böse drein blickende Regenwurm, oder ein Geist in Form einer Tüte, kann es gut sein, dass die Pferdemutti der Ort ist der bei Angst aufgesucht wird. Schließlich wird Mutti das Pferdchen hätscheln und trösten und alles ist wieder flauschig.
Das wiegt die Pferdemutti dann nur allzu schnell in dem Glauben, das ihr Pferd auch bei größeren, Angst einflößenden Erlebnissen immer wieder bei ihr Schutz suchen wird.

Pferde denken aber anders als Menschen.
Bei kleinen Sachen suchen sie gerne Schutz beim Menschen. Aber ein Hund, der sich in Pferdebeine verbeißt und hinter ihm her jagt, wird nicht dafür sorgen das klein Fury zu Mutti aufs Ärmchen hüpft. Mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit tritt das Pferd die Flucht an.
Wohin ist dann erst mal egal – Hauptsache weg!

Viele Pferdebesitzer glauben, dass die Pferde dann zum Stall rennen, zur nächsten Weide, oder irgendwann stehen bleiben. Und dann, nach dem ersten Schrecken, die Situation bei einem Sitzkreis mit Mate Tee überdenken. Leider ist dem nicht so. Die meisten Pferde werden so kopflos das sie sich selber und ihr Umfeld in Gefahr bringen.
Ich habe diese Situation leider schon mehrfach erleben dürfen, und ich bin ehrlich, ich hätte gerne darauf verzichtet. Die Pferde sind nicht wie erhofft zurück zum Stall gelaufen, zur Weide oder zu den Pferdekumpels, sondern direkt auf die befahrene Straße.
Erst vor einigen Wochen war es nur eine Vollbremsung meinerseits, die dafür sorgte, dass ich kein Pferd auf der Motorhaube hatte. Ich kann es nicht in Worte fassen, was für ein Schreck das ist. Welche Angst man um das fremde Pferd hat, wenn man hinter diesem herläuft. Ein Ohr am Telefon, im Gespräch mit der Polizei, das Herz bis zum Hals schlagend. Das ist der Stoff aus dem Alpträume gemacht werden.
Und ich glaube, die Besitzer hätten nicht im Traum daran gedacht das sich dieses Pferd weg bewegt – von Stall, Gras und seinem panisch wiehernden Pferdekumpel.

Man sollte sich, bevor der Ernstfall eintritt, darüber klar werden, wie man ein Pferd wieder einfangen kann, wenn es kein Zaumzeug und Halfter trägt. Nichts wo man zu oder rein greifen kann. Genau: Gar nicht.

Da frage ich mich dann: Muss das sein?
Für ein dämliches Foto?
Weil man cool sein will?
Weil man sein Ego vor der Pferdewelt aufpolieren will, indem man zeigt was man mit seinem Pferd so alles kann?

Mir kann kein Mensch erzählen, dass die Pferde das wollen und nachts Petitionsbriefe an den Tierschutz schreiben, weil sie unbedingt ohne Halfter raus möchten!

Was ist also Vertrauen wirklich?
Vertrauen ist etwas, das kleine Kinder in ihre Eltern haben.
Kleine Kinder die ihre schokoladenverschmierten Patschehändchen in die großen Hände der Erwachsenen legen. Sie haben die Gewissheit, dass ihnen nichts passieren wird, solange Mutti an ihrer Seite ist. Und es ist dann an der Mutter dieses Vertrauen nicht zu enttäuschen und dafür Sorge zu tragen das ihrem Kind nichts passieren wird.
Denn kleine Kinder und Pferde sind sich in dieser Hinsicht sehr ähnlich:
Sie können Gefahrensituationen nicht rational einschätzen.

So nehmen wir auch unser Kind, egal wie gut sie erzogen ist, in Gefahrensituationen an die Hand um es zu schützen. Wir können einem Kind noch so sehr einschärfen nicht auf die Straße zu rennen. In einem unbedachten Moment besteht trotzdem die Gefahr, dass es einem wegrollenden Ball auf die Straße folgt. Wir fahren mit den kleinen Passagieren als Mitfahrer sehr vorsichtig, und dennoch verstauen wir unsere Kinder in sicheren Kindersitzen, sicher angeschnallt. Nicht nur weil wir das aus unserem Pflichtgefühl heraus möchten, sondern weil auch der Gesetzgeber das verlangt.
Und so wie wir Kinder schützen und aus Vorsorge und weiser Voraussicht  Gefahrensituationen/Quellen vermeiden, so ist es an uns das auch bei unseren Pferden zu tun.
Denn Vertrauen bedeutet, dass auch ihr Schutz in unseren Händen liegt.
Und dieser ist mit Halfter und Trense deutlich mehr gewährleistet, als mit einem Hauch von Nichts. Nicht zu vergessen sei dabei, dass es ein Verstoß gegen die Straßenverkehrsordnung ist, sein Pferd ohne geeignete Zäumung auszuführen. Diese gilt auch auf Feldwegen und wird ggfs. mit Bußgeldstrafen geahndet. Selbst auf privatem Grund kann nicht gewährleistet sein, dass ein Pferd in Panik dies nicht verlässt. Also seid ihr letztendlich auch da nicht vollständig abgesichert. Man sollte sich daher genau überlegen, ob man wirklich Ärger mit der Polizei haben möchte.

Ebenso sollte man bedanken, dass keine Versicherung die angerichteten Schäden begleichen wird, welche z.B. bei einem Verkehrsunfall in die Millionen gehen können. Denn man hat nicht nur gegen die Straßenverkehrsordnung verstoßen, sondern auch noch fahrlässig gehandelt. Somit darf man dann selber zahlen und hat wegen diesem »Vertrauensbeweis« sein Leben bis ins Rentenalter finanziell ruiniert.

Ich glaube nicht, dass Jemand so etwas möchte.
Von daher bitte ich euch dieses Verhalten zu überdenken, zur Sicherheit eurer Pferde, als auch eures Umfeldes.

Flauschige Grüße
Celeste

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3 Pferdeköpfe aus Plastik

Flauschige Grüße an meine lieben Leser,

da bin ich wieder, passend zu dem letzten Wochenende vor Weihnachten. Nunja, eigentlich möchte man bei dem Schmuddelwetter so gar nicht richtig in Weihnachtsstimmung kommen, und von daher möchte ich euch eine Geschichte erzählen. Diese Geschichte hat mit Vertrauen zu tun, und dem Glauben an das Gute, und das Beste daran ist: Sie ist wahr und mir vor vielen Jahren selbst passiert.

Wie einige ja wissen, oder gelesen haben, bin ich in Aachen geboren und dort aufgewachsen. Und das Gute an Aachen ist, dass es nicht nur die Stadt der Pferde ist und schon damals unzählige Möglichkeiten bot. Nein, dort findet auch jedes Jahr das CHIO statt.
So war es damals normal, dass ich mit einer Freundin nach der Schule jeden Tag dort verbrachte. Oder später als ich arbeitete, immer genau dann Urlaub nahm. Früher, vor 25 Jahren, war das Ganze noch kostengünstiger. Es reichte oft ein nettes Lächeln oder ein Gespräch und man hatte ein Eintrittsarmbändchen am Handgelenk.
– Und nein dazu musste man keine unanständigen Sachen machen –
So vertrieben wir uns immer die Zeit, und kannten natürlich fast jeden Verkaufsstand auswendig.

Ich war etwa 17 als ich eine Begegnung hatte, die ich nie vergessen werde. Das war vor ca 24 Jahren. Damals waren alle Sachen, die von der klassischen Reitkunst abwichen, noch ungewöhnlich. So war ich als einer der wenigen Westernreiter damals, schon außergewöhnlich. Ja, man mag das heute kaum glauben …
Ich war also mit meiner Freundin auf dem Verkaufsstand Gelände unterwegs und dort war ein winzig kleiner Stand. Ein Stahlgestell an welchem 3 Pferdeköpfe aus Plastik befestigt waren und daran hingen seltsame Zäumungen. Davor stand ein älterer Herr, ergraut, klein, aber putzmunter. Er pries sehr lautstark seine neuen Zäume an und ich war sehr neugierig. Ich zog meine Freundin zu dem Verkaufsstand und der ältere Herr verwickelte uns in ein Gespräch.
Er erzählte von seinen Zäumungen, aus feinstem Leder. Gebisslose Zäumungen, die man auch mit einem Gebiss kombinieren könnte. Und Ledergebisse, die sich dem Maul anpassen und die man auch ohne Zaumzeug tragen könne. Ich war fasziniert von diesen Ideen. Doch noch mehr faszinierte mich, wie überzeugt dieser ältere Herr von seinen Produkten war. Er hatte unglaubliche Ideen die er auch Jahre später noch umsetzte.

Meine Freundin war von dem Zaumzeug angetan, ich von dem Ledergebiss. Aber die Preise waren, wenn auch zurecht, doch recht hoch für mein kleines Ausbildungsgehalt. Vor allem weil niemand diese Produkte kannte, oder eben wie sie wirkten, und wie ein Pferd wirklich darauf reagierte.
Aber dieser kleine Mann war so überzeugt von seinen Produkten und sah unser Interesse daran. Dann machte er etwas, dass ich nie vergessen werde: Er packte ein Zaumzeug samt Zügeln und das Ledergebiss samt Zügeln in eine Tüte und drückte sie uns in die Hände. Er sagte: »Probiert es einfach aus, wenn es euch gefällt, dann bringt mir das Geld, wenn nicht bringt es einfach zurück.«

Ich zögerte, denn so ein Angebot konnten wir einfach nicht annehmen. Das waren Waren im Wert von mehreren 100 €, bzw. damals DM. Ich hatte große Bedenken, denn was wäre wenn etwas an die Sachen ran gekommen wäre?
Meine Freundin war etwas forscher und sagte sofort zu. Wir fuhren zum Stall und probierten alles aus. Wir waren sehr angetan, selbst die sonst so schwierige Stute meiner Freundin kam mit der Gebisslosen Zäumung zurecht. Das Ledergebiss liebte mein Pony heiss und innig. Meine Freundin entschied sich jedoch gegen den Kauf, ich mich für den Kauf des Ledergebisses.

So fuhr mich mein Vater damals wieder zum CHIO-Gelände. Ich drückte dem Herrn das Zaumzeug in die Hand, und das Geld für das Ledergebiss samt Zügeln. Ich habe noch lange mit ihm diskutiert. Über die Herstellung, die Wirkungsweise und vor allem über seine Ideen die Reitern und Pferden das Leben leichter machen sollten. Selbst Jahre später hat er sich immer noch gefreut mich auf verschiedenen Ausstellungen zu sehen.

Was mich daran so berührte war das Vertrauen das dieser Mann hatte. In seine Produkte und seine Ideen, aber auch an die Ehrlichkeit zweier junger Mädchen, die seine Sachen testen und nicht damit abhauen. Ich hätte dieses Vertrauen sicher nie missbraucht, aber allein das einem so vertraut wird begeistert mich heute wie damals.
Leider habe ich mein Gebiss vor Jahren verliehen und niemals wieder bekommen. Und doch weiss ich wo auch immer es jetzt ist, es wird gute Dienste leisten, auch wenn ich es als Erinnerungsstück vermisse.

Inzwischen ist der Herr leider verstorben, schon viele Jahre lang, aber vergessen werde ich ihn nie. Seine Produkte gibt es auch heute noch, ebenso günstige Nachbauten. Doch wann immer einer fragt, so werde ich das Orginal anpreisen. In Erinnerung an einen grossartigen Mann mit einem grossen Herz und ebensolchem Vertrauen. Sein Name war Erwin Meroth.

Ich danke dir Erwin, alles liebe Celeste …

schnee