Hallo meine Flauschehasen, da bin ich wieder. Ich hoffe, es ist euch gut ergangen in der letzten Woche? Meine Woche war wie immer ein wenig stressig, denn wer kennt es nicht: Wenn die Pferde wieder zum Winter hin in den Offenstall einziehen, wächst das Arbeitspensum ungemein. Und während ich nun wieder Heunetz um Heunetz stopfe, habe ich genug Zeit, um über alle Pferdethemen aus dem Internet zu sinnieren.
Ein Thema, mit dem sich meine Gedanken dabei gerne beschäftigen, ist die Glorifizierung des Halsringes. DER Halsring, das Wunderwerk, welches die hohe Reitkunst darstellen soll. Jener, der für das absolute Vertrauen zwischen Reiter und Pferd gilt. Selbstverständlich muss dieses immer im Galopp auf Feldern und Wiesen im Gelände dargestellt werden, denn nur dann zeigt sich die tiefe Verbundenheit, die man zu seinem Pferd hat. Jedes Gebiss ist nur Zwang, jede gebisslose Zäumung ein reiner Kindergeburtstag, gegen den heldenhaften Halsring, dem absoluten Monument des Vertrauens.
Okay kommt es bei euch gerade auch zu Brechreiz, oder seid ihr echte Halsring Fanatiker? Ich meine, es spricht nichts gegen einen Halsring, aber eigentlich ist er nur ein weiteres Kommunikationsmittel mit dem Pferd.
Denn ob ich ein Gebiss nutze, eine gebisslose Zäumung, einen Halsring, meine Stimme, ein Handauflegen oder eine Gerte, die ich zum Zeichengeben nutze, der Sinn ist immer gleich: Man bringt seinem Pferd bei, auf ein bestimmtes Kommando zu reagieren. Das heißt, ich kann ein Pferd entsprechend trainieren, über eine Gebisshilfe nach links ab zu wenden. Aber das geht auch über eine Gewichtshilfe, eine leichter Druck mit dem Schenkel, ein Zügel anlehnen, ein Wortkommando, eine Gerte die sanft berührt usw. Die Möglichkeiten einem Pferd ein Kommando beizubringen sind nahezu grenzenlos. Oder wie mein verstorbener Vater so schön zu sagen pflegte:
»Es ist absolut egal welches Kommando du benutzt um eine Lerneinheit zu festigen, Hauptsache du nutzt es für das Pferd verständlich und konsequent. Also könntest du statt ›Steh‹ oder ›Whoa‹ auch ›Kaffeekanne‹ sagen, solange du es ihm genauso beibringst.«
Gut, meine Pferde hören nicht auf Kaffeekanne, aber ich denke, den Sinn versteht ihr dennoch. Es ist an euch, welchen Ausbildungsweg ihr für eure Pferde nutzt, ob dies mit oder ohne Gebiss ist. Aber ein Halsring ist nicht das Wunderwerkzeug zu welchem er oft emporgehoben wird. Ich verstehe einfach nicht, warum da so ein Aufheben drum gemacht wird. Im Westernreiten ist das ›Neck reining‹, also die Zügelführung über den Hals nun wirklich nichts Außergewöhnliches oder Mythisches. Und auch das stoppen ohne Zügeleinwirkung, nur über die Gewichtshilfen oder Stimmkommandos sind nun wirklich nichts Neues.
Warum sollte das dann mit dem Halsring anders sein? Es ist doch auch nur ein Kommando, das über eine Einwirkung auf den Hals abgerufen wird. Eigentlich so überhaupt nichts Neues, außer dass man das Kopfstück weglässt.
Was ist also los in der Girlie- und Pferdeflüstererwelt, das so viele nun den Halsring anlegen und sich für das heißeste Wiener Würstchen halten?
Denn bei den ganzen Bildern, welche sich im Netz tummeln, sieht man wirklich selten gut gerittene Pferde mit Halsring. Sicher gibt es diese auch, nur waren die auch vorher gut geritten und ausgebildet, so dass der Sprung zum Halsring einfach ein weiterer Schritt einer normalen Trainingseinheit war.
In der Onlinewelt der Girlieseiten und selbst ernannte Horsemen sieht die Realität aber anders aus. Da werden schlecht ausgebildete und noch schlechter gerittene Pferde, mit einem hübschen poppigen Halsring verziert, und über Felder und Weiden gejagt. Wenn es dann mit dem Bremsen nicht so gut klappt, macht das ja nichts, schließlich ist das Feld, so Gott will, lang genug und irgendwann ist das Pferdchen auch mal müde. Na ja hoffentlich, bevor es – mit oder ohne Reiter – wieder am Stall ankommt. Gut ausbalancierte Pferde die sich selber wie auch den Reiter tragen, sieht man dabei aber eher selten. Der Fokus liegt auf dem Halsring draußen im Gelände, natürlich im Galopp um das vermeintliche Vertrauen bildlich festzuhalten. Das Ganze dann noch mit wehendem Haar, Wallekleidchen und einer Wolke aus Holi Pulver, das dann gepostet mit dem Wort Vertrauen und mit 10 Herzchen verziert, macht es zu einem Like-Catcher für alle online Plattformen.
Dabei hat der Halsring nichts aber auch gar nichts mit Vertrauen zu tun, denn das Pferd hat ja keine Angst geritten zu werden. Es hat keine Angst vor einem Feld, einer Weide und dem folgenden Galopp. Eigentlich freuen sich die meisten Pferde, wenn sie einmal richtig Gas geben dürfen auf weiter Strecke. Also sollten wir dem Pferd nicht einreden, das es uns vertraut, nur weil wir einen Halsring benutzen.
Und anders herum? Vertrauen wir in das Pferd, nur weil es sich mit einem Halsring stoppen lässt? Das wäre ein ziemliches Armutszeugnis, wenn man die eigene Ausbildung und das Training so herunterspielt und das Ganze nur als Vertrauen deklariert.
Entweder man bildet sein Pferd gut aus und trainiert es auf das entsprechende Hilfsmittel, oder man pfeift auf die Ausbildung, lässt sein Pferd einfach rennen und hofft auf das Beste. Aber sorry, dies ist dann kein Vertrauen in das Pferd, sondern Dummheit, wenn man den Wert einer guten Ausbildung verkennt. Vertrauen sollte man dann eher in Gott – oder wen man auch sonst immer anbetet – haben. Nicht zu vergessen, im Zweifelsfall auch in den Notarzt und das Krankenhausteam, welches einen nach einer missglückten Aktion wieder zusammenflicken darf.
Der Halsring ist einfach ein Hilfsmittel der Kommunikation mit seinem Pferd. Und ob und wie gut dieses funktioniert, hängt einzig von der Ausbildung des Pferdes ab. Auch, wenn sich das sicher nicht so gut vermarkten, lässt wie ›Vertrauen, Liebe und Geborgenheit‹ so ist er doch nichts anderes. Wie gut die Umsetzung der Hilfen mit dem Halsring funktioniert, liegt also an der Ausbildung und dem Training vor und mit dem Halsring. Und wenn man diesen draußen im Gelände nutzen möchte, dann sollte man wenigstens eine Sicherheitstrense unterlegen. Zum einen, weil man im Notfall immer noch eine Einwirkung auf den Pferdekopf hat, statt nur auf den Hals (Stichwort Hebelwirkung) und zum anderen, weil somit der Straßenverkehrsordnung genüge getan wird.
Warum und wieso habe ich schon einmal hier erklärt: http://celeste-drake-books.de/regeln-sind-keine-ansichtssache/
Aber egal welches Mittel der Kommunikation ihr jetzt oder später nutzen möchtet, denkt immer daran: Der Schlüssel liegt in der Ausbildung und im Training. Er liegt nicht in frommen Wünschen, Gebeten oder mystischen Umschreibungen.
Flauschige Grüße
Celeste