Hallo meine Flauschehasen, da bin ich wieder.
Momentan widme ich mich vermehrt den Vorbereitungen für den Winter. Und wer nun glaubt, ich hänge Herbstdeko auf, koche Kürbissuppe und backe schon mal Plätzchen, dem sei versichert, dass er sich irrt. Gut ok, das mit den Plätzchen klingt verlockend, aber es ist ja noch ein wenig Zeit.
Eine Facebook-Bekannte bat mich einen Beitrag zu schreiben über das Thema »Was sich als Selbstversorger ändert, für den Pferdehalter«. Und natürlich schreibe ich auch gerne einen Sonntagsbeitrag zu eurem Wunschthema. (Eine kurze PN reicht dazu)
Also legen wir mal los:
Es gibt 2 Arten von Selbstversorgern.
Jene, die das Glück Gottes auf ihrer Seite haben. Neben einem kleinen Goldesel, oder zumindest einem gut gefüllten Bankkonto, die Pferde daheim halten können.
Meist können sich diese, eine schöne Anlage leisten, nebst Reitplatz und Halle. Strom und Wasseranschluss sind natürlich ebenso gegeben. Diese Personen haben meist soviel Geld, das Zäune von Firmen gesetzt werden, Reitplätze und Hallen fertig gebaut werden. Und die Weidepflege übernimmt der Trecker oder ein Bauer im Auftrag.
Diesen Pferdehaltern gönne ich ihr Glück aus vollem Herzen.
Denn auch wenn sie bei der rundum Betreung ihrer Pferde weniger Arbeit haben, so stecken sie immer noch mehr Arbeit, Zeit und Geld hinein, als ein reiner Pensions Einstaller.
Aber da gibt es noch die Anderen:
Jene Pferdehalter, die eigentlich keinen Goldesel daheim haben, aber sich irgendwann für die eigenen 4 Wände / Selbstversorgung entschieden haben.
Gründe dafür können sein:
- Zu wenig Weidegang / Auslauf
- Weidegang / Auslauf in einer unharmonischen Gruppe (Verletzungsrisiko)
- Es wurde bislang nicht auf die Futterqualität geachtet
- Es wurde nicht ausreichend oder zuviel gefüttert
- Das Pferd braucht spezielle Bedingungen, die kein Pensionsstall in der Nähe erfüllt (z.B. ein Rehepferd)
- Man möchte einen Hengst artgerecht halten
- Man möchte dem Stallgezicke entfliehen
- Man glaubt, dass die Selbstversorgung kostengünstiger ist. (Bis einen die Realität erwischt)
Am Anfang ist man meist voller Enthusiasmus. Man malt es sich in den schillernsten Farben aus. Die eigenen 4 Wände, in denen man schalten und walten kann, wie man will. Man sieht sich schon Zäune streichen, die Sattelkammer einrichten und glückliche Pferde auf den Weiden. Und die Versorgung selber kann ja nicht so schlimm sein. Schließlich hat man früher auch fast alles alleine erledigt, da kann man das doch locker schaukeln, oder nicht?
Ok, ich dachte auch so. Hatte ich doch in vielen Pensionsställen immer einen Großteil der Versorgung geleistet.
Hm nein, die Realität sieht meist anders aus.
Während einem am Anfang noch von allen Seiten Hilfe versprochen wird, à la »das bau ich dir schon«, »den Zaun setz ich mit links« oder »das kann ich fix mit dem Trecker machen«, so lernt man in der Realität schnell, dass man meist auf sich allein gestellt ist.
Schlechtes Wetter und Regen lassen einen rasch merken, dass man die meiste Arbeit doch allein erledigt. Während die freundlichen Helfer meist auf dem Sofa liegen und genau dann einen Schnupfen auskurieren. Oder ein anderer Infekt, einen verstauchten Zeh, oder betreffende Personen unbedingt mit der Schwiegermutter essen wollen.
Von daher, wenn man sich mit dem Gedanken an die Selbstversorgung trägt, sollte man sich darüber im Klaren sein: Man ist 24 Stunden am Tag, 7 Tage die Woche für seine Pferde verantwortlich.
Und das bedeutet, das man jeden Tag wenigstens 2 x am Stall ist und für Futter, Wasser, Pflege und Bettchen sorgt.
Und wenn es einem nicht gut geht, interessiert das keine Sau.
Dann kann man nicht mal eben den Pensionsbetreiber anrufen, dass er sich bitte um die Versorgung kümmert. Denn man ist selber der Stallbetreiber.
Da man nicht immer eine Freundin belangen kann oder will, und auch die Familie irgendwann streikt, kriecht man auf den Brustwarzen vorwärts zum Stall. Man erledigt die Versorgung trotz Fieber und Schüttelfrost, während einem kotzsterbens schlecht ist. Und während man sich nach dem warmen Bettchen und einem heißen Tee sehnt, erbricht man sich vor den Hufen seines Pferdes, das einen dabei anschaut, als ob man vom Mond kommt.
Meist merkt man spätestens dann, dass man sich übernommen hat. Wie eigentlich schon viele Male davor. Und dennoch schleppt man sich vorwärts und denn es muss weiter gehen. Die Hauptsache ist, den Pferden geht es gut.
Aber es ist nicht nur die Versorgung selber, die sich ändert. Nein, es kommen ja noch Zusatztermine dazu. Ärgerte man sich früher darüber, dass der Tierarzt oder Hufschmied vielleicht zu spät kam, wartet man jetzt noch zusätzliche Stunden auf den Heu- / Strohlieferanten.
Und meist ist es genau dann schweine kalt oder nass. Oder aber das Heu muss geholt werden, und das Kraftfutter ebenso. Dann verbringt man seine Zeit auf fremden Höfen oder in Geschäften, und damit wie man das Futter auf Anhängern oder ins Auto stapelt.
Ach ja das Auto … Als Selbstversorger darf man sich von einem sauberen Auto verabschieden! Denn so sehr man sein Auto liebt und pflegen möchte, es wird immer Situationen geben, in denen man in schmutzigen Stiefeln ins Auto springt.
Die nasse Jacke klebt voller Heu, die Reithose hat es nicht geschafft den Matschflecken aus zu weichen, und ein zarter Stallgeruch wird das Auto assimilieren.
Oder aber es wird Heu im Auto transportiert und man stellt fest, dass die Säcke doch nicht ganz so dicht sind.
Ich gestehe, ich habe es einmal geschafft, dass in meinem alten Auto Hafer gewachsen ist.
Wie das passierte?
Ein undichter Wasserkanister auf der Rückbank, und ein umgekippter Hafereimer …
Einige sonnige Wochen später kamen zarte grüne Sprösslinge aus den Ritzen meiner Rückbank!
Es wird euch nicht überraschen, dass ich heute noch damit aufgezogen werde. 😉
Aber zumindest benutze ich seitdem nur noch Futtereimer mit Deckel …
Die Wasserversorgung kann ebenso schneller ein Problem werden als in flauschigen rosa Träumen vorher ersonnen. Hat man nicht das Glück eines Wasseranschlusses oder Brunnens, so schleppt man jeden Tag das Wasser in Kanistern zum Stall. Denn auch aufgefangenes Regenwasser ist je nach Jahreszeit nicht immer ausreichend.
Hat man dazu noch keinen Stromanschluss, darf man sich mit Konstruktionen aus Grablichtern und Frostwächtern arrangieren, um das Wasser eisfrei zu halten.
Schön ist das nicht …
Auch sieht man die Welt plötzlich mit völlig anderen Augen. Man läuft im Baumarkt plötzlich nicht mehr arglos durch den Holzbereich, sondern sieht förmlich neue Stallwände und Raufen vor sich.
Oder aber die Kleidung. Diese hat sich von Reitsport-Marken-Kleidung, plötzlich zu praktisch, bequem und robust verändert. Denn so schön die Kollektionen in den Reitzubehör Katalogen auch sind, wie soll man damit Zäune flicken und durch Matsch und Schnee waten?
Und wenn dann die beste Freundin von ihrem Sommer Urlaub auf den Malediven schwärmt und denn Preis dazu nennt, dann sehen wir plötzlich nicht mehr Sonne und Meer vor uns. Nein, wir rechnen den Urlaubspreis in Heuballen oder Paddockplatten um. Sachen, die uns auf einmal viel wichtiger geworden sind, als Sonne Strand und Meer. Oder eine Behandlung bei der Kosmetikerin, oder ein Besuch im Sonnenstudio.
Ebenso wird man merken das sich die Beziehung zu seinen Pferden deutlich ändert, denn Reiten wird nicht mehr im Vordergrund stehen. Bedingt durch die reichliche Arbeit, fehlt einem einfach oft genug die Zeit. So verbringt man Wochenenden mit dem Zaunbau. Oder aber man sucht stundenlang die Weiden nach Giftpflanzen ab.
Dann gibt es noch die Momente in denen Pferd oder Wildschwein (manchmal besteht da kein Unterschied) just in dem Moment einen Zaun zerlegen, wenn man eigentlich schon mit dem Sattel vor dem Pferd steht. Also legt man diesen beiseite und macht sich an die Arbeit. Das Wohl der Tiere steht über dem Wunsch nach einem Ausritt.
Machen wir uns nichts vor, als Selbstversorger ändert sich für uns eine Menge. Und es gibt Tage, an denen man weinen, kreischen und toben möchte. Tage an denen man sich die Bettdecke über den Kopf ziehen und einfach nicht vor die Türe will. Die Pferde auf den Mond wünscht. Naja, oder wenigstens in einen Pensionsstall.
Und dennoch lohnt sich das Alles.
Denn man hat plötzlich selber in der Hand, wie die Pferde versorgt werden. Wenn die Pferde aufblühen dank passender Sozialkontakte. Wenn sie gesünder sind dank mehr Auslauf. Wenn sie nicht mehr koliken, dank passendem Futter. Dann ist es all das Wert.
Von daher gilt meine Hochachtung allen Selbstversorgern, weil ich weiß, wie hart dieses Leben sein kann.
Flauschige Grüße
Celeste
(Offenstall-Selbstversorger, seit 11 Jahren)
Hallo Celeste, ein Artikel, der den Nagel auf den Kopf trifft. Da sind wir schon wieder beim Handwerken :). Ich kenne das alles nur zu gut, auch wenn ich das Glück von Strom, Wasser und Ponys am Haus habe. Es ist toll und trotzdem oft eine Herausforderung. Wie sehr ich dadurch auch eingeschränkt werde habe ich erst gemerkt, als ich nach 14Jahren als Selbstversorger, die Ponys dieses Jahr auf die Alp gegeben habe. Jetzt sind sie wieder zurück und ich geniesse auch das wieder sehr. Und trotzdem werden wir alle diese Auszeit auch nächstes Jahr wieder nehmen.
Weiterhin viel Spass beim Zäune flicken und Pferde versorgen.
Claudia
Sehr schön geschrieben es trifft sehr zu.
Offenstall Selbstversorger seid 12 jahren und mir fallen immer wieder neue sachen ein was natürlich erst gemacht werden kann wenns geld grad passt.
Ich habe mehr als einmal genickt als ich den Text gelesen habe.
Seit 8 Jahren bin ich Selbstversorger und jeden Winter kommen aufs neue die Zweifel ob nicht doch auch zwei Pferde weniger und dafür ein Pensionsstall eine bessere Lösung gewesen wäre 🙂
Aber ich komme immer wieder drauf zurück, dass ich dies gerne mache! Ich verzichte gerne auf das Reiten und ich laufe auch mal ein paar Monate durch den Matsch, da man leider ohne Goldesel immer nur Jahr für Jahr ein bisschen mehr befestigen kann.
Was noch fehlt in dem Artikel, sind die Landkreise, Städte und Gemeinden mit denen man sich rumärgert. Da hat man schön was gebaut und schwupps kann man den ganzen Spaß wieder abreißen 🙁
genial, hätte treffender nicht sein können, zum Glück habe ich Strom- und Wasseranschluss. Trotzdem können die Einsteller einen auf die Palme bringen, jetzt macht man eh‘ schon alles und es reicht oft immer noch nicht …..
Wie wahr! Seit 14.5 Jahren Selbstversorger mit momentan 7 Pferden, als stallgemeinschaft. Aber meinen Freund und mir gehört der stall und sind dafür verantwortlich. Geld haben wir nie übrig! Wird alles in den stall gesteckt! Sind jeden Tag da und haben erst am we das Dach vom offenstall neu gemacht! Aber den Pferden gehts super! Das ist die Hauptsache!
Hallo Celeste
Gut geschrieben…:-))
Und hast voll Recht. Ich hab ein ganz tolles Team um mich. Aber Du hast völlig recht..
Das schönste ist … Wir haben den viel besserer Bezug zu unsren Pferden… Sind abgehärtet:-) und es ist Balsam für die Seele unsere Pferde so zu sehen:-)
Weiterhin viel Erfolg
Liebe Grüsse
Zita
Ich stimme Dir in ALLEN Punkten zu.