Hallo meine Flauschehasen, da bin ich wieder. Ich hoffe, ihr habt die Osterzeit gut überstanden, denn wir kennen es doch alle: Die Ostereier und die Süßigkeiten bringen den Kindern die Freude und jenen von uns, die Familie und Gäste bewirten dürfen, meist eine Menge Arbeit.
Und so schön Besuche und Feste auch sind, wir sind froh, wenn die Wohnung wieder leer ist, man alles wieder aufgeräumt hat und die Füße hochlegen kann. Ich gestehe, mir ist es nicht anders ergangen, nur das ich statt Füße hochlegen, lieber meine freie Zeit bei den Pferden genutzt habe.
So kommt es dann, dass ich zum Beispiel mein Panzerlein an der Longe mit Cavalettis zu Denksportaufgaben anrege. Panzerlein ist, nun nennen wir es höflich, etwas schmerzfrei.
Durch mannshohe Brombeersträucher hüpfen?
Kein Problem!
Einen Zaunpfosten in der Kurve umnieten?
Huch war da was?
Und auch sonst sind Naturhindernisse auf der Weide für sie zwar vorhanden, aber wenn sie zufällig im Weg liegen, sie darüber stolpert und sich fast dabei lang legt, ist ihr das völlig egal.
Um dieses unter dem Sattel zu vermeiden, gibt es eben intensives Bodenarbeitstraining. Denn ich bin ehrlich, so traumhaft wie mein Panzerlein unter dem Sattel auch ist, an ihrer Tollpatschigkeit muss noch ein wenig gearbeitet werden. Und das bitte vorzugsweise, wenn ich nicht darauf sitze. Denn ein Salto mit ihr zusammen ist nun nichts, was ich mir unbedingt noch einmal wünsche. Aus Erfahrung wird man schließlich klug. Also quäle ich mein Panzerlein und es dauert nicht lange, bis sich Zaungäste einfinden. Und nur einen Wimpernschlag später kommt auch schon die erste Frage, statt einer Begrüßung:
»Reitest du auch?«
»Ähm, ja klar eigentlich schon.«
»Aber warum dann das Pferd da jetzt nicht?«
Hier folgen dann Erklärungsversuche, warum Frau Panzer nun am Boden gearbeitet wird, bis dann unweigerlich als Antwort kommt:
»Aber du könntest sie ja reiten, das würde doch mehr Spaß machen.«
Gut, das sind dann Momente, in denen ich mich frage, ob ich kantonesisch rückwärts rede?
Ähnlich ist es, wenn ich mit Herrn Pony spazieren gehe. Auch dann dauert es nicht lange, bis ich angesprochen werde:
»Aber reiten kann man den ja nicht oder?«
»Nein sorry, ich bin zu groß und zu fett für ein Minishetty, aber kleine Kinder von Freunden trägt er wirklich gerne.«
»Aber die sind nicht oft da, oder? Was machen sie denn sonst mit dem?« Das sind die Momente, in denen ich auf den Strick in meiner Hand schaue, dann auf das Pony und dann wieder auf mein Gegenüber. Wie gerne würde ich in solchen Momenten antworten: »Also eigentlich ist das ein Drogenschnüffelpony und es hat bei ihnen Alarm geschlagen.«
Aber ich reiße mich zusammen! Ich entgegne nett und höflich: »Spazieren gehen?!« Wohl wissend, das die Antwort ›Bodenarbeit‹ meinen Gesprächspartner wohl vollends überfordern würde. Denn meist ernte ich schon bei dieser Antwort ein unverständliches Kopfschütteln, mit einem entgeisterten: »Wie spazieren gehen, aber das ist doch ein Pony.«
… Schnellmerker, der er doch ist …
»Ja und wir gehen gerne zusammen spazieren. Sie sind mit ihrem Hund ja auch unterwegs.«
Und wieder werde ich angeschaut, als leide ich an der Porzellankrankheit. (Nicht mehr alle Tassen im Schrank)
»Das ist doch etwas völlig anderes, das ist ja ein Hund!«
Ich erspare mir jeglichen Kommentar zu Waldi von Wuschelpuschel, welcher so fett ist, dass er höchstens einen Regenwurm erbeuten könnte. Zumindest wenn er sich auf ihn drauffallen lässt. Einen Jagdhund würde er wohl nicht abgeben. Einen Hütehund ebenso wenig, denn Herr Pony war ihm eindeutig derart suspekt, dass er seinem Besitzer während unserer Unterhaltung immer weiter ins Hosenbein rein kroch.
Vielleicht ist er ja ein Wachhund? Hmm wenn, bewacht er wohl eher den Kühschrank.
Aber was grüble ich, ein Tier muss ja keinen dienlichen Zweck haben. Na ja, zumindest für mich nicht.
Doch während ich vor mich hin sinniere, redet mein Gegenüber munter weiter:
»Aber die großen Pferde, die reiten sie doch oder?«
Hier kann ich wenigstens zustimmend nicken und bete leise, das mein Gesprächspartner nun Frieden gibt. Doch die Hoffnung ist trügerisch.
»Aber das sehe ich ja nie!«
Ich zucke kurz zusammen, atme tief ein und aus und frage mich, zu welchen Zeiten er mich wohl beobachtet? Er wird doch wohl kein heimlicher Spanner sein? Oder gehört er zu den Menschen wie meine Nachbarin, die morgens um 5 Uhr die Falschparker aufschreibt? Oder aber aus Langeweile das Laub mit der Hand vom Baum pflückt wenn der Herbst näher rückt?
Ich schiebe meine kleine paranoide Ader beiseite und antworte wieder taktvoll: »Gut, das mag daran liegen, dass ich meist früh morgens oder spät abends reite, wenn Bremsen und Mücken nicht so sehr beißen.«
Und obwohl ich mich nicht rechtfertigen möchte, hole ich kurz Luft und setze nach:
»Dazu kommt, dass mein Mann pflegebedürftig ist. Da bleibt neben der Versorgung eben nicht mehr so viel Zeit wie früher zum Reiten. Die meiste Zeit verbringe ich dadurch mit der Versorgung der Bande.
Ich umklammere den Strick fester, denn ich kann förmlich fühlen, was nun auf mich zukommt und dann höre ich auch schon die Worte:
»Ja, aber dann könnte ich sie doch in einen Reitstall stellen, dann sind sie versorgt und ich könnte reiten.«
Schon stehe ich wieder da und versucht zu erklären, warum ich den Offenstall gewählt habe. Warum man die ganze Arbeit 2x täglich auf sich nimmt. Das man für die optimale Haltung der Pferde gerne zurücksteckt und das Reiten irgendwann einfach nicht mehr das Wichtigste ist. Spätestens dann kommt dann der Satz der Sätze:
»Und dafür geben sie so viel Geld aus? Reiten nicht mal, sonder machen die Arbeit eines Pferdepflegers? Das könnten sie doch auch gegen Bezahlung, gleich als Beruf machen.«
Wie kann ich meinem Gegenüber vermitteln wie wundervoll und innig eine Beziehung zu seinen eigenen Pferden sein kann?
Das sie nicht von Reiten geprägt sein muss, sondern von einem Miteinander?
Das Glücksgefühl, wenn man frühmorgens auf die Weide geht und die Bande dort liegt und schläft. Wenn man sich dann einfach dazu legt, sich ans Pferd kuschelt und für diese kurze Auszeit die Welt still steht?
Nein, in Worte kann ich das in diesem Moment nicht fassen. Ich versuche es, aber scheitere kläglich. Zu sehr ist das Reiten als reiner Nutzen eines Pferdes in den Köpfen der Menschen verankert. Verwirrte Blicke und betretenes Schweigen folgen. Irgendwann verabschiedet man sich höflich. Und während wir unserer Wege ziehen, denkt wohl jeder von seinem Gegenüber, das er sicher nicht mehr alle Murmeln im Glas hat. Dabei gibt es doch genug Gründe warum man seine Pferde nicht reitet:
- Das Pferd ist zu jung.
- Die Ausbildung lässt noch keinen Reiter zu.
- Das Pferd ist krank.
- Das Pferd ist unreitbar wegen Alter/Körperbau/Psyche.
- Es müssen erst Muskeln aufgebaut werden, um den Reiter vernünftig zu tragen.
- Es steht kein geeigneter Übungsplatz zur Verfügung.
- Man hat keine Zeit.
- Man hat keine Lust bzw. arbeitet lieber vom Boden aus.
- Man ist als Reiter selber gehandicapt, aufgrund Gesundheit oder Gewicht.
usw.
Es gibt so viele Gründe nicht zu reiten und sich dennoch mit seinen Pferden zu beschäftigen. Ich gebe gerne zu, dass ich das Reiten liebe. Ich liebe es jedoch auch, meine Pferde zu versorgen. Ihnen eine optimale Haltung zu ermöglichen, welche mir eine Menge Arbeit beschert. Und so ziehe ich in meiner wenigen Freizeit Zäune, schneide Weiden frei, bastel an Stall und Co., statt täglich auf den Pferden zu sitzen.
Sicher zieht das auch unter Reitern oft verwunderte Blicke auf sich. Dabei sollte es mich eigentlich nicht überraschen, selbst unter Pferdebesitzern ist es viel zu oft noch gang und gäbe, das manche einen Nutzen von ihrem Pferd haben wollen. Sei es für den Sport oder die Schau, aber auch schlichtweg zum Reiten.
Wie oft werden Pferde abgegeben weil sie alt oder unreitbar wurden?
Wenn sie nicht mehr die Leistung von früher erbringen können?
Die Anzeigen sind voll von älteren Pferden, die ab etwa 18-20 ein vermeintliches Haltbarkeitsdatum überschritten haben. Ein Alter, in welchem eben auch mal Zipperlein auftauchen und die Leistung manchmal etwas nachlässt. Dabei verlieren doch auch alte oder unreitbare Pferde nichts von ihrem Charme, Liebreiz und der Zuneigung, die man sich entgegenbringt.
Nun meine Tiere – egal ob Pferd, Katze oder Kaninchen – sind Familienmitglieder. Sie alle werden in die Familie integriert und verbleiben dort bis zu ihrem Tod.
Einen Nutzen müssen sie nicht erbringen. Die Pferde habe ich nicht zum Reiten, die Katze muss keine Mäuse fangen und nein, meine Kaninchen landen nicht im Kochtopf.
Wir leben miteinander, zusammen als Familie.
Und wenn ich dann eben mehr Pferdepfleger als Reiter bin, dann ist die Zeit bei meinen Pferden für mich trotzdem sinnvoll genutzt.
Sicher wirft das manchmal Fragen auf und nicht allen kann ich gerecht werden, noch kann alle überzeugen. Aber das muss ich ja auch nicht, denn so macht es MICH glücklich und ich bin trotz alledem niemandem Rechenschaft schuldig.
In diesem Sinne, flauschige Grüße
Celeste
Liebe Celeste,
bisher habe ich noch nie kommentiert, lese aber immer wieder gerne bei dir. Gerade weil ich meine Bande auch im eigenen Offenstall halte.
Der Artikel spricht mich total an. Ich bin nämlich so verrückt und habe gar keine Pferde zum Reiten. Bei uns im Garten in unserem großen Offenstall leben „nur“ drei Mini-Ponys. Und keines davon hat jemals einen Reiter getragen und wird es auch in Zukunft nicht.
Wie oft werde ich gefragt warum ich mir ausgerechnet drei Mini-Ponys angeschafft habe, statt einem Reitpferd von dem ich doch viel mehr hätte.
Nett ist auch immer wieder, dass davon ausgegangen wird, dass ich sie sicher aus schlechter Haltung gerettet hätte und sie nun bei mir ein schönes Leben bekommen würden. Nein, ich habe sie nicht gerettet. Ich habe mich bewusst für sie entschieden und vom Züchter gekauft. Ein schönes Leben versuche ich ihnen zu bieten, aber nicht, weil es ihnen vorher schlecht ging, sondern weil ich sie einfach genau so wie sie sind liebe und als Familienmitglieder betrachte.
Bei meinen Hunden fragt mich auch keiner, warum ich mir die angeschafft habe, aber Pferde sind wohl nur was wert, wenn sie einen Nutzen haben. Für mich gibt es kaum schönere Momente als aufzuwachen, aus dem Schlafzimmer zu schauen und meine Bande gemütlich im Sand liegend schlafen zu sehen. Zu ihnen zu gehen und sie kommen angetrabt, mich zwischen sie zu setzen und von allen Seiten ganz vorsichtig beknabbert zu werden, während ich wieder mal denke, dass ich zu wenig Hände zum Kraulen habe. Meinem Pony zuschauen und lachen, wenn er mir wieder den Besen geklaut hat und damit über den Paddock tobt. Ihr Mittagsschläfchen mit ihnen zu teilen und genau ihren Tagesablauf zu kennen. All das und noch viel mehr macht mich glücklich.
Liebe Grüße
Miriam