Ein Pferd mit vielen Namen

Hallo meine Flauschehasen, da bin ich wieder. Ich hoffe, es ist euch gut ergangen? Mittlerweile haben wir die Hitzewelle fast wieder hinter uns und ich gestehe, zu einer Abkühlung würde ich nicht ›Nein‹ sagen. Aber ich beschränke mich darauf, die Pferde abzuwaschen und mich selber mit Eis zu verwöhnen.

So auch gestern, als ich mit meiner Eisausbeute in der Schlange an der Kasse stand und die Familie vor mir beobachtete. Wie immer zu dieser Jahreszeit tauchen nicht nur bald die Weihnachtssüßigkeiten wieder in den Regalen auf, nein, an der Kasse sind nun auch wieder die Überraschungseier im Kassenständer zu finden.
Nun die Kinder vor mir fanden sie auch, mit gierigen verschwitzten warmen Händen und einem offenen Mund. Wenigstens da griff dann doch noch die Mutter ein: »Chantall nimm da Djustin dat Ei weg, der hat schon was von de Omma bekommen. Und de Shanaia krischt en Bueno, die will dat Ei eh nich«, sprach sie, während das Schokoladen Ei im Mund von besagter Shaneia verschwand.
Bevor einer fragt, nein die Namen sind kein Witz und waren alle in dieser Kombination.
Mein tiefstes Mitleid ging an die Kassiererin, die in stoischer Ruhe die angesabberte Verpackung über den Scanner ziehen musste. Dennoch fragte ich mich die ganze Zeit: Wie zur Hölle man seinen Kindern solche Namen geben kann? Haben die zu viel TV geschaut und wenn ja, welche Sender? Oder werden die Kinder jetzt schon bestraft für die Zukunft? Man weiß es nicht …
Mein Mitleid hatten die Kinder gewiss, nicht nur wegen der originellen Erziehung, sondern auch wegen der Namen. Denn Namen sind machtvoll und sagen unheimlich viel über den Träger aus.

Das gibt es auch bei Pferden, die von ihren Besitzern gerne mit Spezialnamen belegt werden. Namen oder Bezeichnungen, welche das Pferd näher beschreiben sollen. Die darüber Aufschluss geben sollen, was man da genau vor sich hat. Damit auch der letzte Depp merkt, wie besonders und einzigartig das eigene Pferd ist. Einige Pferdehalter sind sehr stolz auf diese Titel und ich habe sie daher mal ein wenig unter die Lupe genommen.
Ich bitte allerdings darum, die Beschreibungen mit Humor zu nehmen. 😉

Das Schlachtpferd:

Hier hat man doch fast gleich einen Orden verdient, wenn man sich eines ehemaligen Schlachtpferdes rühmen kann. Schließlich rettet man doch ein Pferdeleben. Zumindest glauben das viele Pferdebesitzer, die sich von Händlern wie Organisationen über den Tisch ziehen lassen.

Dazu wird ähnlich wie bei einem Problempferd jedes schlechte Benehmen und Verhalten entschuldigt. Schließlich wusste Puschel ja, dass er ein Schlachtfohlen war. Jeden Tag kam der Metzger an und flüsterte ihm ins Ohr: »Du bist der Nächste« und dann zeigte er ihm Handyvideos von Schlachtungen, bis Puschel weinend um Gnade flehte.

Dass auch andere Pferde oft schadlos bei Händlern stehen, welche nebenbei auch Schlachter sind, wird gerne übersehen. Nein, das eigene Schlachtpferd wusste ganz genau, was mit ihm passieren würde und ist nun dankbar über Muttis rettende Ärmchen.

Das Problempferd: (Ja, schon wieder. :-P)

Das Problempferd ist ein absolutes »Must Have« geworden, wenn man cool wirken will.
Denn zum einen wirkt man auch als schlechter Reiter wie der Pferdeflüsterer schlecht hin, wenn man sein Problempferd therapieren möchte.
Zum Anderen können damit die eigenen Fehler und Wissensdefizite wunderbar verschleiert werden. Schließlich ist an allen Reitfehlern und schlechtem Benehmen/Unarten immer das Problem des Problempferdes schuld. Als Reiter hat man also eine Universalausrede, die immer wirkt und dazu noch den Glanz eines Profitrainers auf einen strahlen lässt. Schließlich kommt ja nicht jeder mit SO einem Pferd klar.
Das meist kleinere Erziehungsfehler hier den Ausschlag geben ist völlig egal. Denn es ist einfach viel eindrucksvoller, wenn man sagt, dass sein Pferd die Hufe nicht geben mag, weil es ein Problempferd ist, statt zu sagen, dass man einfach die Erziehung verbockt hat.

Das misshandelte Pferd:

Die gibt es neuerdings auch wie Sand am Meer. Das Puschelchen verhält sich nicht wie erwartet und zeigt einem den Fuckhuf, dann wurde der früher ganz (ganz, ganz) sicher misshandelt! Es kann ja nicht sein das es an den eigenen mangelnden Ausbildungskünsten liegt, oder einer unpassenden Haltung oder Fütterung. Es muss misshandelt und geschlagen worden sein. Schließlich beißt er ja schon beim Satteln, da gab es sicher Schläge früher. Dass der Sattel nicht passt und der Sattelgurt angezogen wird wie von Hulk persönlich, ist natürlich keineswegs der Ursache für das Verhalten. Schließlich liegen bei einem misshandelten Pferd die Fehler ja nie beim jetzigen Besitzer.
Viele Pferdebesitzer wollen förmlich glauben das ihr Pferd früher ein schreckliches Leben geführt hat . Dabei vergessen sie, dass wirklich die wenigsten Pferde derart misshandelt werden. Und eine konsequente Erziehung und Ausbildung ist nun auch keine Misshandlung, die ein Pferd zum Pferdepsychiater aufs Sofa treibt.

Das traumatisierte Pferd:

Reichen Problempferd und misshandeltes Pferd nicht mehr aus um genug  Eindruck zu schinden, dann muss ein Trauma her. Traumatisierte Pferde sind toll, denn das Trauma ist eine klasse Entschuldigung, für alle Dinge die Puschelchen nicht tun will. Vor allen Dingen auch für alle Sachen an denen man als Besitzer nicht arbeiten will! Denn sein Pferd erziehen, oder an unangenehme Sachen zu gewöhnen ist nicht immer ein Zuckerschlecken. Das wird auch mal unschön und sollte daher nur von ausgebildeten Personen versucht, oder wenigstens überwacht werden. Und wenn man daran nicht arbeiten möchte, dann holt man das Trauma heraus. Damit hat man die offizielle Antwort, um jeder Kritik an Puschels Verhalten zu begegnen. Er kann ja schließlich nichts dafür, wenn er das Stallpersonal am Strick zur Weide schleift und dabei der eine oder andere Huf den Pfleger trifft. Und da er ein absolutes Führtrauma hat muss man das eben akzeptieren. Schließlich kann man nicht daran herum üben und das arme Hascherl noch mehr verschrecken. Zumindest glauben das einige Pferdebesitzer welche mit dem Trauma jegliches Verhalten so verteidigen.

Seelenpferd:

Nur damit kann man wirklich seine innige Beziehung zu seinem Pferd verdeutlichen. Lieblingspferd, Herzenspferd das ist alles out. Das Seelenpferd ist die Bezeichnung für die zauberhafte Verbindung, die fast schon telepathische Wege nimmt. Dabei ist es völlig egal ob man nur eine  Reitbeteiligung ist, die einmal in der Woche vorbei schaut, oder seit 20 Jahren  Pferdebesitzer ist, welcher Tag für Tag mit seinem Pferd zusammen ist. Seelenpartner erkennen sich auch nach 5 Minuten. Und wer das nicht glaubt ist sicher nur neidisch!
Dabei gibt es wirklich tiefgreifende Beziehungen zwischen Mensch und Pferd, allerdings bei weitem nicht in der Menge, wie sie uns die heile Internetwelt vorgaukeln will.

Das Sportpferd:

Wenn man Turniere reitet, muss man auch jedem Vollpfosten klar machen, dass man ein besonderes Pferd hat. Es ist völlig egal, ob man zum Weihnachtshofturnier einmal im Jahr startet, oder in Saisonzeiten von Turnier zu Turnier schippert. Die weiße Reithose und das Jackett zeigen zwar auf den Sportevents das man sich zur Elite dazu gehörig glaubt, aber auch das gemeine Fußvolk muss – mit der Betitelung Sportpferd – ständig auf den Unterschied zum Feld Wald und Wiesegaul aufmerksam gemacht werden.

Freizeitpferd:

Alle die es ein wenig Alternativer mögen rühmen sich gerne mit der Aussage: »Das brauche ich nicht, ich habe ja nur ein Freizeitpferd.«
Als ob ein Freizeitpferd keine vernünftige Ausbildung oder Ausrüstung braucht. Nein, im Hippi-Kleidchen und mit Blümchen im Haar wird durch Feld und Flur gehöppelt, frei dem Motto: Gymnastiziertes Arbeiten, egal in welcher Reitweise, ist was für Spießer.

Ihr seht, es gibt viele Namen für gute Ausreden, und wenige Pferde, die wirklich eine solche Bezeichnung wie oben verdient haben. Gerade für die Personen die wirklich mit traumatisierten oder misshandelten Pferden arbeiten, ist es ein Schlag ins Gesicht, wenn jede Uschi ihren Zossen ebenso nennt, nur weil er nicht gerne Hüfchen gibt.
Oder die Reiter die wirklich viel Zeit und Geld in jede Turniersaison stecken, und klein Chantall ihr Zottelpony, das einmal im Jahr ein Weihnachtsspringen meistert, ebenso Sportpony nennt.
Bitte verzeiht, dass ich es etwas überspitzt ausgedrückt habe, aber all diese Beispiele habe ich schon mehrfach live und in Farbe erlebt.

Eigentlich haben wir doch alle Pferde die wir lieben, die wir ausbilden, umsorgen und mit denen wir gerne Zeit verbringen. Braucht es spezielle Kategorien um sich von dem Rest abzuheben? Muss unser Pferd für ANDERE Menschen etwas besonderes sein? Reicht es nicht, wenn wir seine inneren Werte erkennen und wissen das es für uns unersetzlich ist? Namen und Titel sollten doch niemals eine Entschuldigung sein, um nicht am Verhalten unserer Pferde zu arbeiten.

Ich nenne meine Pferde einfach »die Liebies« oder »Hoppies«. Eine Bezeichnung, welche meine Freundin meinen Pferden gab. Sie sind keine Schlachtpferde, keine Problempferde, wurden nicht misshandelt oder sind traumatisiert.

Sie sind einfach normale Pferde und vielleicht stink langweilig falls man damit angeben möchte, aber das muss und will ich nicht. Ich mag meine normalen, langweiligen Pferde.

In diesem Sinne, flauschige Grüße
Celeste

Ein Pferd mit vielen Namen

 

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