Der Tierschützer in mir

Hallo meine Flauschehasen, da bin ich wieder. Mittlerweile, schreitet der Herbst in großen Schritten voran und die vorher leuchtend bunten Herbstfarben haben sich zu einem tristen grau in grau gewandelt. Es regnet, es stürmt und man mag eigentlich nicht vor die Türe gehen. Während der Gedanke an eine flauschige Decke auf dem Sofa, einer Tasse heißen Kakao und einem guten Buch, sehr verführerisch lockt, finden wir uns doch wie immer zur täglichen Stallarbeit ein. Und während ich auch bei Schmuddelwetter unzählige Heunetze stopfe, führe ich – wenn auch oft unfreiwillig – mit so manchen Spaziergängern lange Gespräche. Gut, ich gebe zu ich habe viele nette Menschen, die meinen Stall besuchen, aber manchmal sind auch Personen dabei, da fasse ich mir an den Kopf.

So gab es auch letztens ein Gespräch, das mir einfach nicht aus dem Kopf will:

»Du da hinten sind ja die Esel … denen geht es ja soooo schlecht.«
»Bitte was? Esel? Ich wusste nicht mal das da welche stehen.«
»Ja, aber denen geht es doch schlecht, da kümmert sich ja keiner.«
Ich halte mit der Arbeit inne, sammel mich kurz und stelle die wichtigen Fragen:
»Haben sie denn einen Unterstand?«
»Ja.«
»Haben sie Futter und Wasser? Und ist immer Heu da?«
»Ja.«
»Warum soll es denen dann schlecht gehen?«
»LNa, weil sich da doch keiner kümmert!«

Einatmen, ausatmen, ein Lächeln aufsetzen, das nicht an Wednesday Adams erinnert: »Wenn da täglich Futter und Wasser ist dann kümmert sich doch jemand, das füllt sich ja nicht alleine auf. Ich bin auch oft zu Uhrzeiten da an denen mich so manche Person hier nicht vermuten würden. Vielleicht sind die Besitzer sehr früh am Tag, oder spät am Abend vor Ort.«
»Aber man sieht da ja keinen, da ist nie einer und am Tor ist das Gras nicht zertrampelt also geht da auch keiner rein.«

Wieder sammle ich mich und frage mich, ob mein Gegenüber leicht einen an der Waffel hat.
»Nun, vielleicht haben sie noch einen weiteren Eingang. Sie können sich ja schlecht mit Futter und Wasser zum Stall beamen. Außerdem benutze auch ich nicht immer mein Zugangstor sondern klettere oft einfach nur durch den Zaun, wenn ich nicht aufschließen möchte. Man kann ja nicht von zertrampelten Gras ausgehen, das sich einfach keiner kümmert.«
»Ja aber trotzdem, man sieht ja keinen, und denen geht‹s sicher schlecht.«

Ich habe noch ein wenig erklärt, aber ich fürchte das Bild der armen unterversorgten Tiere hat sich im Kopf der Dame festgesetzt. Ich fand das schon ein wenig erschreckend, denn wenn sie bei mir so offen mit den Vorwürfen gegenüber der unbekannten Eselbesitzer war, so wird sie das mit Sicherheit auch bei anderen Personen erwähnt haben. Personen die vielleicht nicht gefragt haben ob Futter, Unterstand und Wasser gegeben ist. Personen die keine Ahnung haben, aber schnell mal an das Gerücht der vernachlässigten Esel glauben. Mich macht so etwas dann immer betroffen und auch ein wenig wütend. Denn solche Gerüchte sind schneller verbreitet als ein Tripper im Bordell. Schnell heißt es dann die armen Pferde, oder in dem Fall die armen Esel, werden nicht richtig versorgt. Und dann braucht es nur noch eine besorgte Tierschutz Uschi, die dann mal eben anonym beim Vetamt stänkert. Schon müssen die Tierhalter dem Veterinäramt Rede und Antwort stehen.

Ähnlich ist es mit den online Tierschützern, welche auf den verschiedenen Plattformen munter Bildchen posten. Da werden einfach fremde Tiere fotografiert und mit einem vermeintlich schlechten Zustand als Tierschutzfall online zur Schau gestellt. In Zeiten der Smartphones und des Internets ist es aber auch extrem einfach sich das goldene Tierschutzkröhnchen zu verdienen, oder sollte ich besser sagen den Aluhut?
Da gehen jungen Mädels hin, fotografieren einfach fremde Pferde und setzen diese Bilder dann in verschiedene Gruppen als Tierschutzfall zur Schau. Frei dem Motto: Die haben kein Futter oder Wasser, sind ungepflegt oder zu dünn und es kümmert sich ja eh nie einer.
Manche Bilder klären sich von alleine auf, wenn das vermeintlich gequälte Pferd ohne Futter und Wasser, Selbiges dann im Hintergrund auf den Bildern stehen hat. Manchmal machen die Mädels eben auch nicht die Augen auf, kann ja mal passieren vor lauter Tierliebe.
Andere Bilder zeigen manchmal Zustände, die von der Norm abweichen. Allerdings sind sich die Damen nicht selten zu fein gewesen den Besitzer ausfindig zu machen, und nach einem Warum zu fragen.
Denn manchmal gibt es durchaus Gründe warum ein Pferd zum Beispiel:

  •  alleine steht da, Quarantäne oder krank
  • abgemagert ist, da Krankheit oder wieder aufgepäppelt wird
  • überlange Hufe hat da gerade gerettet/gekauft und nun erst an den Schmied gewöhnt werden muss
  • Wasser leer ist, da mehrfach täglich frisch getränkt wird
  • Futter leer ist, da kleine Mengen wie zum Beispiel Heucobs mehrfach täglich gegeben werden

Usw.
Es gibt für viele Dinge eine Erklärung, wenn man denn auch einmal mit den Besitzern reden würde. Aber Bildchen machen und auf Facebook anprangern ist ja so einfach. Das macht einen schnell zum Tierschutzhelden, da man ja nicht wegsieht und die Zustände öffentlich macht. Und neben der ganzen Lobhudelei wird einem dann natürlich geraten das Veterinäramt zu rufen, denn man ruft dieses lieber einmal zuviel, als weiter weg zu sehen.

Und wer nun sagt »Wer nichts zu verbergen hat, der hat nichts zu befürchten« der soll mal bitte kurz in sich gehen. Denn auch wenn man nichts Verbotenes getan hat, es ist nie angenehm einer Behörde Rede und Antwort zu stehen. So muss man zum Beispiel zu diesem Termin auch Zeit opfern. Und es hört sich sicher richtig nett an, wenn man seinen Chef bittet an einem Vormittag frei zu bekommen, da sich das Veterinäramt angemeldet hat. Ebenso ist es richtig nett, wenn die Nachbarn mitbekommen das man eine solche Prüfung über sich ergehen lassen muss. Da braucht es dann  keine Else Kling nur damit sich Gerüchte über eine Prüfung verbreiten wie Cola, nachdem ein Mentos in die Flasche geworfen wurde. Schliesslich wissen ja alle Klatschweiber das dann immer »etwas dran sein muss«, wenn die schon extra raus kommen.
Aber für jene Personen die sich nicht vorstellen können das eine Prüfung des Veterinäramtes nervt, wie wäre es denn anders herum?

  • Wenn euer Kind aufgrund von Schmerzen und Krankheit mehrfach weint und man euch deswegen das Jugendamt auf den Hals schickt?
  • Wenn ihr gerade ein Haus baut und man euch das Bauamt schickt, da ihr bestimmt nicht alle Regeln eingehalten habt?
  • Wenn man euch das Gesundheitsamt schickt, da es bei euch angeblich seltsam riecht?
  • Wenn man euch die Polizei schickt, weil bei euch Herren ein und ausgehen, und ihr vielleicht heimlich ein Bordell betreibt?

Und auch wenn ihr euch in all diesen Fällen nichts zu Schulden habt kommen lassen, ihr wärt doch auch wirklich mächtig genervt über die Zeit, die ihr opfern musstet. Dazu dann das Gerede von Nachbarn und Freunden die euch plötzlich seltsam ansehen, frei dem Motto »da muss ja was vorgefallen sein wenn die solchen Besuch bekommen«. Und schon verbreiten sich Gerüchte hinter eurem Rücken.
Von daher wenn ihr Tiere seht bei deren Haltung euch Fragen aufkommen, dann stellt diese Fragen dem Tierbesitzer.
Das heißt, …

  • ihr wartet zu verschiedenen Zeiten an Stall/Weide und ja das kann auch mal einige Stunden dauern.
  • ihr fragt Anwohner wem die Tiere gehören, aber bitte ohne schlechtes Gerede!
  • ihr fragt beim Katasteramt nach, wem das Grundstück gehört.
  • ihr hinterlasst eure Telefonnummer an Zaun/Tor mit einer FREUNDLICHEN Bitte um Rückruf.



Und wenn ihr dann mit dem Tierbesitzer sprecht, macht dies bitte freundlich und ohne Vorwürfe. Interessiert, höflich und verständnisvoll für eine individuelle Situation. Denn eine kreischende Tierschutz Uschi die gleich keift das die armen Tiere schlecht versorgt werden, ist sicher kein Gesprächspartner dem man seine Zeit opfern möchte. Merkt ihr das euer Gegenüber Hilfe braucht dann bietet ruhig eine helfende Hand an. Denn das ist dann echter Tierschutz, wenn man seine Hände auspackt und hilft, statt Bildchen im Internet zu verbreiten.

Ist aber eure Hilfe nicht erwünscht und eure Zweifel konnten nicht besänftigt werden, dann, ja erst dann, nach dem Gespräch mit dem Besitzer, ist das Veterinäramt euer Ansprechpartner. Sprecht offen mit dem Veterinäramt und auch bitte nicht anonym. Wer Missstände anzeigen will sollte auch ehrlich dazu stehen. Und bedenkt das ihr dem Veterinäramt bitte nur Notfälle meldet. Die Ämter sind oft genug völlig überlastet, weil sie für jeden Furz rausgerufen werden. Und so stiehlt man den echten Notfällen die Mitarbeiter Kapazitäten.

Von daher meine lieben Tierschutz Freunde, seid keine Uschi, sondern sprecht mit den Besitzern. Bietet Hilfe an und erst wenn das nicht hilft, geht den letzten Weg zum Veterinäramt.
Aber bitte postet keine Bilder im Internet, oder tratscht vermeintliche Horrorgeschichten durch die Nachbarschaft. Weil im Zweifelsfall erwischt man euch bei solchen Verleumdungen und das kann mitunter sehr teuer für euch werden.

In diesem Sinne, flauschige Grüße
Celeste

tierschuetzer

 

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